Kommentar Westerwelle in Israel: Bündnis von Duz-Freunden
Westerwelle versucht durch Zureden, die Israelis dazu zu bringen, den Exportboykott gegen Gaza aufzuheben. Nicht die schlechteste Taktik, um Extremisten den Boden zu entziehen.
D er deutsche Außenminister scheint eine neue Spielwiese gefunden zu haben. Ähnlich wie sein Vorvorgänger im Außenamt Joschka Fischer zieht es auch Guido Westerwelle besonders häufig nach Jerusalem und dort speziell zum Amtskollegen Liebermann. Denn aus dem besonderen Draht, den Avigdor und Guido - man dutzt sich - zueinander haben, macht keiner einen Hehl. So seltsam das Bündnis zwischen dem zu Hause umstrittenen Liberalen und dem unter den eigenen Landsleuten nicht weniger umstrittenen Rechtsnationalen anmuten mag, so könnte es doch eines Tages Früchte tragen.
Weder Liebermann noch Regierungschef Benjamin Netanjahu lassen sich von dem internationalen Druck beeinflussen, wie an ihrer gnadenlosen Fortsetzung des Siedlungsbaus im Westjordanland unschwer zu erkennen ist. Wenn du deinen Feind nicht besiegen kannst, dann mache ihn dir zum Freund, sagt eine alte Volksweisheit. Westerwelle droht nicht. Er redet gut zu.
Es geht ihm um die Exportschranken für den Gazastreifen. Solange die Ausfuhr von Waren verboten bleibt, hat die Wirtschaft in dem belagerten Küstenstreifen keine Chance, sich zu erholen. Natürlich würde auch die Hamas indirekt von einem Wirtschaftsaufschwung profitieren. Umgekehrt büßen die Extremisten erfahrungsgemäß immer dann an Popularität ein, wenn es den Menschen wirtschaftlich besser geht.
Susanne Knaul ist Israel-Korrespondentin der taz.
Es sind zwei verschiedene Dinge, ob man die Hamas boykottiert, weil sie sich weigert, Israel anzuerkennen und der Gewalt abzuschwören - oder ob man ein Embargo über 1,5 Millionen Menschen verhängt. Die Aufhebung der Exportsperre könnte den Palästinensern neue Hoffnung geben und ihre wirtschaftliche Abhängigkeit von den Geldgebern in Europa, in den USA und im Iran mildern. Sollte es Westerwelle tatsächlich gelingen, seinen Amtskollegen in Jerusalem umzustimmen, könnte er sich zu Recht dafür feiern lassen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!