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Parkraumbewirtschaftung in Prenzlauer BergViel Platz vor dem Bürgersteig

Seit das Parken Geld kostet, gibt es sehr viel mehr freie Stellplätze, freuen sich Anwohner - sogar am Abend. Die meisten Autofahrer würden die Gebühren auch zahlen, berichten Kontrolleure

Die seit 1. Oktober geltenden Parkraumzonen in Prenzlauer Berg Bild: Bezirksamt Pankow

Gut einen Monat nach Einführung von Parkgebühren im südlichen Prenzlauer Berg ist zumindest eines klar: Es gibt jetzt deutlich mehr freie Parkplätze, sogar am Abend. Nicht nur viele Anwohner sind darüber glücklich, auch der Bezirk freut sich: 170.000 Euro Gebühren hat man bisher eingenommen, sagte der zuständige Pankower Stadtrat Jens-Holger Kirchner (Grüne).

Seit 1. Oktober kostet das Parken für die rund 13.500 Stellplätze zwischen Torstraße, Brunnenstraße, Greifswalder Straße und dem S-Bahnring Geld. In der Regel 1 Euro pro Stunde, an einigen besonders beliebten Ecken auch mehr. Betroffen sind rund 17.500 Haushalte. Sie können für rund 10 Euro eine Jahresvignette bekommen. Die Mehrheit der Bewohner des Kiezes haben diese bereits beantragt und auch erhalten, berichtet Kirchner.

Der Bezirk hat 87 Kontrolleure eingestellt, sie sollen jeden Parkplatz mindestens ein Mal alle zwei Stunden überprüfen. Zwar hielten sich die meisten Autofahrer an die Regeln, berichtet einer der Kontrolleure. Allerdings haben er und seine Kollegen auch bereits 43.500 Strafzettel verteilt, bilanziert Kirchner. Nicht nur fürs Parken ohne Schein - das kostet 5 Euro - sondern auch wegen fehlender Umweltzonen-Vignette und Falschparken, etwa auf dem Bürgersteig.

Allerdings ist auch eingetreten, was im Vorfeld viele Kritiker befürchtet hatten. Da etwa im angrenzenden Bötzowviertel Parken weiterhin kostenlos ist, würden viele Autofahrer dorthin ausweichen, berichtet Kirchner. Ähnlich sei die Situation rund um den Armin- und den Humannplatz. Von den Bewohnern dieser Viertel erhält der Stadtrat "10 bis 20 Mails am Tag", in denen sie sich beschwerten und ebenfalls die Parkraumbewirtschaftung forderten.

Beschwerden gibt es aber auch in der Parkzone, und zwar unter den Gewerbetreibenden, die meistens trotzdem anonym bleiben wollen. Einige kritisieren, dass sie bisher lediglich eine Sondergenehmigung für ihr Geschäft oder Restaurant bekommen hätten. Für ihre Angestellten würde Parken deshalb 10 Euro und mehr am Tag kosten - oder sie müssten weit zu Fuß laufen. Mehrere Mitarbeiter von Cafés bedauerten, dass sie weniger Trinkgelder kriegen würden, weil das Kleingeld nun in die Automaten wandern würde.

Anfangs sind die dunkelblauen Kästen auch oft übersehen worden, klagen mehrere Betroffene. Das beschreibt auch Anja Schroeder, 23, die als Frisörin in der Kollwitzstraße arbeitet. "Einige Kundinnen sind aus den Friseursalon herausgerannt - die halbfertige Tönung in den Haaren -, um die Kontrolleure von einem Strafzettel abzuhalten", berichtet sie. Deren Begründung: Sie hätten die Automaten schlicht nicht bemerkt. Laut Schroeder hätten die Ordnungsamtmitarbeiter es bei einer Ermahnung belassen.

Andreas Langholz vom Küchengeschäft Coledampf's am Kollwitzplatz sieht die Entwicklung entspannter. Seine Kunden hätten nichts über die neuen Gebühren gesagt. "Es war eher umgekehrt: Früher wunderten sich die Leute, dass es noch nichts kostete."

Welche Konsequenzen der Bezirk aus den Erfahrungen mit der Parkraumbewirtschaftung zieht, ist noch offen. Weder wollte Stadtrat Kirchner einen generelle Bewertung abgeben, noch Überlegungen zu einer möglichen Ausweitung kommentieren. In Kürze soll es eine Untersuchung geben. Erst danach werde der Bezirk über weitere Schritte nachdenken.

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4 Kommentare

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  • S
    Sebastian

    Von wem werden Sie denn bitte bezahlt, werte Fr. Goetz?

    Das Geschriebene ist zwar journalistisch wie rethorisch ordentliches Handwerk, verzerrt aber doch die Stimmung des Bürgers zu diesem Thema in eklatanter Art und Weise. Ich wohne auf der Danziger Straße und habe mit vielen Leuten über das Thema gesprochen und nicht einen einzigen gefunden, der die Parkraumbewirtschaftung positiv bewertet hätte. Die PRB hat ausschliesslich das Ziel, den Bürger, wie den Besucher über den Tisch zu ziehen.

    43000 Tickets lassen 2 Schlüsse zu:

    1. Der Prenzlauer Berg ist voller rüpelhafter Verkehrsrowdies, die nichts anderes im Kopf haben, als Ordnungshüter und Bürger zu verärgern.

    2. Das Ordnungsamt nimmt seine Verantworung mit ganzem Ernst war und zieht dem Parkenden ungeachtet der Verkehrssituation und rücksichtslos das Geld aus der Tasche.

    Im Zuge der Einführung wurden in meinem nahen Umfeld

    auch noch etwa 18 ehemalige Parkplätze zu "Nichtparkplätzen" erklärt.

    Verringerung der Anzahl von Parkplätzen bei scharfer Bewachung durch etwa 90 Schakale in Uniform, Erhebung mit einer "Gebühr" (per Definition ist eine Gebühr immer mit einer Gegenleistung verbunden) für eine Leistung , die man nicht bekommt und voher kostenfrei war, lässt dann nur noch einen Schluß zu:

    Die Politik und Stadtverwaltung sind komplett Malle. Sie haben den Bezug zum dem Leben verloren, für das Sie verantworlich sind. Wäre zur nächsten Stadtverordnetenwahl einer dabei, der als einziges Wahlversprechen die Abschaffung der Parkraumbewirtschaftung auf der Fahne hätte, er hätte meine Stimme.

  • W
    Walter

    Toll!

    Von nun freien Parkplätzen kann man in dem Bereich Chodowieckistraße oder Danziger Straße auch nicht sprechen. Dafür gibt es jetzt ne schöne Verschiebung der Parkplatzsuchenden in die Randzonen, was die dortigen Anwohner wiederum erfreut. Ich frage mich daher, wo denn die nun freien Parkplätze seien und welche Anwohner es sind, die sich über diese Art einer weiteren finanziellen Belastung der Autofahrer (KFZ-Steuer, Versicherungssteuer, Bezinsteuer)freuen? Zumal, wenn erst die neue Einkommensquelle als lukrativ für den Haushalt erkannt, es bei den 10Euro/Jahr bestimmt nicht bleiben wird. Es wäre wirklich neu, wenn in diesem Bereich eine schleichende Kostensteigerung nicht stattfinden würde.

    Und wenn schon nicht die Parksäulen in entsprechenden, in den dunklen Monaten leicht auffindbaren Farben gestrichen wurden, so sind wenigstens die OrdnungsamtmitarbeiterInnen in Signalwesten unterwegs. Dadurch kann man diese schneller finden und somit einen Strafzettel vielleicht doch noch abwenden.

    Schön wäre auch gewesen, nicht nur die Säulen in einer Hau-Ruck-Aktion aufzustellen, sondern auch den Bauschutt nicht erst nach drei Wochen zu beseitigen.

    Und falls man mal einen spontanen Besuch am Wochenende bekommen sollte,kann man sich am Freitag einen Besucherausweis beim Bezirksamt ausstellen lassen. Auch eine schöne Art der Beschäftigung des Bürgers durch Behördengänge, damit er nicht in Langeweile oder sinnlosem Dasein herumkrieselt.

     

    Etwas gutes hat diese neue Maßnahme jedoch: Es wurden Arbeitsplätze geschaffen! Das ist doch mal ein Grund, oder?

  • T
    Tobias

    Tja, die Gängelung der Autofahrer geht unaufhaltsam weiter. Es wird endlich Zeit das sich die Bürger gegen diesen Wahnsinn erheben!

  • FN
    Floda Nashir

    Die Idee, diese Dinger in unauffälligem Dunkelblau in die Gegend zu stellen, fand ich in der Tat auch eigenartig. Aus anderen Städten kenne ich die in leuchtendem Gelb.

     

    Aber bei uns an der Greifswalder ist von einer Entspannung der Parkplatzsituation eigentlich nix zu merken. Wenn man abends mit dem Auto nach Hause kommt, sucht man im Winsviertel immer noch eine halbe Stunde lang nach einer freien Lücke.