Rebellion und Ohnmacht

TANZTHEATER „Funny, How?“ von Samir Akika und seiner Truppe „Unusual Symptoms“ gewinnt selbst die Herzen der Fans von Urs Dietrich. Dreimal ist es noch zu sehen

Das Lachen als Waffe gegen Herrschaft und Autoritäten ist eine zweischneidige Sache, in der rebellische Geste und Ohnmacht verquickt sind

VON ANDREAS SCHNELL

„Entschuldigen Sie, ich bin der Prolog“, erklärt da ein Mann auf Italienisch sinngemäß. Aber wofür muss sich ein Prolog eigentlich entschuldigen? Für seine bloße Existenz? Komische Sache. Und es geht komisch weiter. Komisch im Sinne von eigenartig. Aber auch im Sinne von witzig. Was nicht überrascht, wenn der Abend schon „Funny, How?“ heißt, was ja auch schon komisch ist, Stichwort: Interpunktion.

Mit „Funny, How?“ stellte Samir Akika, seit Beginn der Spielzeit Hauschoreograph am Theater Bremen, im Dezember 2012 das erste neue Stück seiner Compagnie „Unusual Symptoms“ an neuer Wirkungsstätte vor, nachdem er mit zwei älteren Choreographien für gemischte Gefühle nicht nur bei Urs-Dietrich-Fans gesorgt hatte. „My & My Mum“ zumindest war eine zwar irgendwie angenehm ausgelassene, aber eher nabelbeschauliche Wurzelbehandlung.

„Funny, How?“ ist da schon von anderem, sagen wir lieber: dickerem Holz. Was gut war an Akikas bisherigen Arbeiten, ist geblieben. Und auch wenn die knapp zwei Stunden durchaus mit einer gewissen fast punkigen Unbekümmertheit daherkommen, ist das nicht nur eminent unterhaltsam, sondern irritiert mit subversiver List, die mehr zu erzählen weiß als autobiografische Episoden. Oder wie wäre das zu verstehen, wenn in einem Vortrag zum Slapstick ausgeführt wird, worüber wir da eigentlich immer auch lachen: die Normabweichung, der Schaden eines anderen Menschen. Eigentlich eine zynische Haltung. Und dann in einer furiosen Choreografie genau das vorgeführt wird – und wir lachen. Und schließlich ist es auch ein Lachen über sich selbst, über das eigene Nichtfunktionieren – Effizienz, my ass! Was „Funny, How?“ übrigens auch von den zuletzt gesehenen Choreographien unterscheidet: Es wird mehr getanzt, virtuos, mit Breakdance-Einlagen.

Das Lachen als Waffe gegen Herrschaft und Autoritäten ist eine zweischneidige Sache, in der rebellische Geste und Ohnmacht verquickt sind. Wenn zum Beispiel Antonio Stella vier Porträts von Menschen zeigt, die sein Leben choreografiert haben, macht er sich ohne Rücksicht auf politische Korrektheit über nicht nur persönliche Eigenheiten seiner Lehrer und Lehrerinnen lustig. Darf man sich aber über jemanden amüsieren, der Englisch nur mit japanischem Akzent zu sprechen in der Lage ist?

Der schnelle Takt, das oft hohe Tempo der Szenen, die sich bisweilen auch noch überlagern, ist dabei so kompakt, dass sich manche Frage erst im Nachhall dieser funkensprühenden Aufführung verdichtet. Und es ist „Funny, How?“ in jedem Moment anzusehen, dass es eben auch der Compagnie, erweitert um den spektakulär guten Gast Thijs Lambert und die Musiker Stefan Kirchhoff und Roberto Zuñiga, nicht zuletzt um den eigenen Spaß geht. Der schmierige Conferencier mit den sexistischen Witzen, der sich über Konzeptkunst lustig macht, dilettantisch ausgeführte Zaubertricks, der Panda, der Popcorn oder Kamelle in die Luft wird, sich durch die Reihen zwängt und mit den Publikum kuschelt, ein Gummikrokodil, ein Gorilla – der Mensch ist das einzige Tier, das lacht, erfahren wir. Spaß ist ein Stahlbad, kein Humor aber auch keine Lösung. Und wenn der Panda uns am Ende süßlich duftend verkunstnebelt, ist das auch ein hübsches Bild für die Wirkung dieses Abends: Irgendwie weiß man nicht recht, was da los war, aber nach und nach werden Konturen klarer. Man möchte glatt noch einmal hinsehen, um es genauer zu erkennen.

Dramaturg Gregor Runge weiß derweil zu berichten, dass viele genau diesem Impuls durchaus nachgehen. Belohnt werden sie mit einem über die Monate kompakter gewordenen Abend, der die Aufwärtstendenz bei den Zuschauerzahlen rechtfertigt.

■ Freitag, 22. Februar, Samstag, 2. März und Freitag, 15. März, 20 Uhr, Kleines Haus