Saisonauftakt im Skispringen: Alte Adler mit neuer Bindung

Die Saison der Skispringer beginnt und die deutschen Springer wollen endlich wieder in die Spitze. Neue Talente gibt es aber nicht: Das Team setzt lieber auf neue Technik.

Hat im Vorjahr den Matteriallkrieg eröffnet: Der Schweizer Simon Amman. Bild: dpa

MÜNCHEN taz | Michael Uhrmann hat sich noch einmal aufgerafft. Schließlich lockt der Holmenkollen. 2011 wird an traditionsreicher Stätte in Oslo die nordische Ski-WM ausgetragen. Das will er sich nicht entgehen lassen und so hat er alle Gedanken an ein Karriereende verdrängt. Darüber kann man später nachdenken. "Die Wahrscheinlichkeit, dass nach dieser Saison Schluss ist, ist größer als im vergangenen Jahr", sagt Uhrmann.

Er ist 32 Jahre alt, genau wie sein Teamkollege Martin Schmitt. Dass er nun offen mit dem Ende der Laufbahn als aktiver Springer liebäugelt, macht die Sache für Cheftrainer Werner Schuster nicht einfacher. Mit Silber beim olympischen Teamspringen hat sich die Mannschaft Anfang des Jahres mehr als passabel in Vancouver geschlagen.

Doch die Sehnsucht nach einem neuen Seriensieger ist ungebrochen. Die Alpinen haben die schillernde Maria Riesch, die Biathleten die beliebte Magdalena Neuner. Und die Springer? Niemand scheint in der Lage, das Erbe des Vierschanzentournee-Helden Sven Hannawald zu schultern.

Für den Weltcupauftakt im finnischen Kuusamo setzt Schuster auf Personal, das man kennt und das keine Überraschungen verheißt. Silber-Gewinner Andreas Wank hat er Formschwäche attestiert, deshalb durfte Maximilian Mechler mitreisen. In einer fernen Zeit, im Dezember 2003, hatte er einmal einen Podestplatz im Weltcup errungen.

Ja, man könnte schon auf die Idee kommen, die Entwicklungen im deutschen Skispringen seien vorhersehbar und langweilig. Da lieferte im Herbst ausgerechnet der Co-Trainer, der nun kein Co-Trainer mehr ist, die aufregendste Meldung.

Marc Nölke ist schon vor dem Saisonstart fristlos entlassen worden. Er hatte sich im Oktober bei einem Sponsoren-Termin in Ingolstadt dermaßen danebenbenommen, dass der Deutsche Skiverband (DSV) handeln musste. Alkohol sei im Spiel gewesen und jede Menge verbaler Entgleisungen. Der Verband hält sich bedeckt.

Dabei hatte die Skisprung-Sparte vor einigen Monaten noch jubiliert: Nölke stand jahrelang in österreichischen Diensten. Er war Assistent des Cheftrainers Alexander Pointner und hat mitgebastelt an den grandiosen Siegen von Thomas Morgenstern, Andreas Kofler oder Gregor Schlierenzauer.

Dass er zurück zum deutschen Verband wechselte, galt als Coup, hatte man doch gehofft, er habe Austria-Know-how im Gepäck. Vor allem an der Bindung sollte er feilen. Bei den Olympischen Spielen in Vancouver räumte der Schweizer Simon Ammann mit einem neuen System beide Einzeltitel ab, die Deutschen wollten mit einer Eigenkreation in diesem Winter kontern.

Schuster sagt: "Keine Frage, mit dem Bindungssystem mussten sich alle beschäftigen. Es bringt aerodynamische Vorteile, das haben die Siege von Simon Ammann gezeigt. Klar, dass deshalb alle nachziehen mussten."

Die Entwicklung des eigenen Bindungssystems sei aber jetzt abgeschlossen, heißt es im Verband. Michael Uhrmann indes findet nichts Geheimnisvolles an den neuen Überlegungen zum Thema Bindung. Die vielen Jahre im Weltcup, die beachtlichen Resultate, die Erfolgserlebnisse, aber auch die Tiefschläge, die Verletzungen haben ihn gelassen gemacht. Er sagt: "Die Bindung allein macht es nicht."

Bei den ersten Springen am Polarkreis in Kuusamo wird er studieren können, ob die Konkurrenz das Thema genauso nüchtern angeht. Aber Uhrmann sind die Aufgeregtheiten in seinem Sport sowieso fremd. Nur ein wenig Pathos erlaubt er sich, wenn es um die WM 2011 geht. Der Holmenkollen sei schließlich ein "Mythos".

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