Fingierte Hetzjagd gegen Obdachlose?

SAUBERMÄNNER Im Internet verunglimpft eine Seite Menschen, die ohne Obach in Hamburg leben. Es hagelt im Netz Kritik und Empörung. Aber auch der Auftritt einer Gegeninitiative wirkt, als wäre sie fingiert

Eine Internetseite hetzt mit provokanten Parolen gegen Obdachlose in Hamburg – und sorgt im Netz für Empörung. Die sogenannte „Initiative Sauberes Hamburg“ sagt, sie wolle „nicht länger tatenlos zusehen, wie Menschen in unserem Müll wühlen, wie sie an den Straßenrändern kampieren und uns anschnorren“. Auch LeserInnen meldeten der taz die Seite.

In einer E-Mail an die taz erklärt ein Vertreter von „Sauberes Hamburg“, der sich Alexander Schmidt nennt: „Wir wollen eine Stadt befreit von diesen erbärmlichen Gestalten.“ Ton und Internetauftritt wirken überzeichnet. Im Netz macht die Vermutung die Runde, dass dahinter eine Guerilla-Marketing-Kampagne eines Unternehmens steckt. Das streitet Schmidt ab, es handele sich um einen „Zusammenschluss besorgter Hamburger Bürger, die überwiegend auch hier wohnhaft sind oder waren“.

Ein Aktivist aus dem Netzwerk Recht auf Stadt hält das ganze Debatte für „Realitätssimulation“. Er hat wie die taz versucht die Macher der Seite herauszufinden. Laut Impressum sitzt der Verantwortliche in Curacao, der Eigentümer der Netzadresse versteckt sich hinter einem Anonymisierungsdienst aus Kalifornien. Schmidt bestreitet das und betont, dass es sich „mitnichten um einen Gag“ handele, „mit einer Guerilla“ hätte die Initiative „nichts gemein“.

Schnell hat die Entrüstung im Netz ein Ventil gefunden. Seit Montag gibt es auf Facebook die selbst erklärte Gegeninitiative „Stoppt die Initiative Sauberes Hamburg“, die innerhalb von zwei Tagen über 2.600 Anhänger gefunden hat. Für die Seite, die die Inhalte von „Sauberes Hamburg“ postet und eine Petition gestartet hat, ist eine Firma aus Wernigerode in Sachsen-Anhalt zuständig. In wessen Auftrag seine Firma handelt, will der Geschäftsführer Matthias Busch nicht verraten. Nicht ausgeschlossen, dass auch diese Seite fingiert ist. „So hält man sich eine echte Gegenkampagne vom Hals“, sagt der Recht-auf-Stadt-Aktivist.

Die Sozialbehörde kritisiert „Sauberes Hamburg“. „Es ist ein gutes Zeichen, dass sich bei Facebook so viele User gegen die obdachlosenfeindlichen Parolen der Initiative ausgesprochen haben“, sagt Behördensprecherin Nicole Serocka.  LENA KAISER