Heile Welt mit Rissen

Am liebsten erinnere ich mich beim Namen Otfried Preußler eigentlich an den „Räuber Hotzenplotz“. In meiner frühkindlichen Erinnerung sind dessen Gaunereien mit oder ohne den Zauberer Petrosilius Zwackelmann als einige der witzigsten Momente der Literatur gespeichert. Preußler hat mir aber auch eines meiner ersten haarsträubenden Horrorerlebnisse beschert. Zwar nicht direkt, sondern über eine Buchverfilmung, dafür hat mir jedoch Karel Zemans Trickfilmfassung von „Krabat“, in der man zusammen mit dem Titelhelden Augenzeuge eines grausigen Mords wird, damals richtig große Angst gemacht. Was ich da zu sehen bekam, passte so gar nicht in mein geschlossenes Preußler-Bild, in dem das Komische das Bedrohlich-Unheimliche eindeutig besiegte. Das Buch wollte ich daraufhin lieber nicht lesen, obwohl mir Gespenstergeschichten, also nicht „Das kleine Gespenst“, sondern die zum Fürchten, als Kind ziemlich gut gefielen. Preußler hat es geschafft, mir eine einigermaßen heile fiktive Welt zu bescheren, durch dessen versöhnlich-heitere Oberfläche er zugleich einen tiefen Riss laufen ließ. „Krabat“ habe ich mir erst als Erwachsener zugelegt. TIM CASPAR BOEHME