Eine erste Verliebtheit

Da ist diese Geschichte von einem Kater, der voll schlechten Gewissens seine Heimat verlässt, weil er an der Treppe zum Keller die kostbare Milch verschüttet hat – und sich darob schämt. Otfried Preußler hat den „Kater Mikesch“ des tschechischen Autors Josef Lada nachgedichtet, die „Augsburger Puppenkiste“ hat die Geschichte fürs Fernsehen aufbereitet. Das war 1964, und insofern sind meine Erinnerungen an diese in puncto Dramatik kaum auszuhaltende Geschichte schwarz-weiß getönt. Im Gemüt selbst sind gleichwohl farbige Szenen haften geblieben. Solche vom Schuster Peppik und vom Dorf Holleschitz, von der Oma und vom Schwein Paschik, der Ziege Bobesch und Sultan, dem Hund. Alle Namen standen im Preußler’schen Buch nicht so geschrieben, wie sie ausgesprochen wurden: Aha, dachte das Kind, das sich über sprechende Kater weder wunderte noch lustig machte, sondern eher verzaubert war, aha, so ist das Tschechische. Es war, wie bei den schwedischen Traumlandschaften Astrid Lindgrens, ein erstes Verliebtsein in eine andere Sprache, in ein Anderes überhaupt. Preußler hatte in unserer Welt damals den Rang eines Traumonkels, eines Magiers fast. JAN FEDDERSEN