Islamisten suchen Regierung

TUNESIEN Der zurückgetretene Ministerpräsident Jebali könnte auch der neue sein. Er stellt aber Bedingungen. Oppositionelle wollen Technokratenkabinett

VON REINER WANDLER

MADRID taz | Tunesiens Staatspräsident Moncef Marzouki möchte das Machtvakuum in seinem Land so schnell wie möglich beenden. Kaum hatte Premierministers Hamadi Jebali am Dienstagabend seinen Rücktritt bekannt gegeben, begann Marzouki mit einer Reihe von Sondierungsgesprächen, mit dem Ziel eine neue Regierung zu bilden. Er empfing neben Rachid Ghannouchi, dem Chef der islamistischen Ennahda-Partei, der auch Jebali angehört, mehrere säkulare Oppositionspolitiker. Ergebnis: Es könnte zu einem Comeback Jebalis kommen.

„Jebali ist nach wie vor unser Kandidat für die nächste Regierung“, erklärte Ennahda-Sprecher Fethi Ayadi. Dabei war Jebali über seine eigene Partei gestolpert. Der Premier trat zurück, nachdem sein Plan, eine Regierung aus unpolitischen Experten zusammenzustellen, am Widerstand des radikalen Flügels rund um Ghannouchi gescheitert war.

Jebali soll laut tunesischer Presse Bedingungen für den Wiedereintritt als Regierungschef gestellt haben. Er verlangt einen verlässlichen Wahltermin und den Kampf gegen die politische Gewalt. Außerdem müsse die neue Regierung Technokraten zumindest einschließen.

Für mehrere Oppositionskräfte wäre dies an annehmbarer Kompromiss. Sie verlangen, dass zumindest die Schlüsselressorts Innen-, Justiz-, Verteidigungs- und Außenministerium von unabhängigen Persönlichkeiten besetzt werden. Die Mitglieder der Übergangsregierung sollen bei den kommenden Wahlen nicht wieder kandidieren dürfen. Damit soll erneutes Gezänk verhindert werden, das bisher die Ausarbeitung einer neuen Verfassung unmöglich gemacht hat.

Das Linksbündnis Volksfront, der das Mordopfer Chokri Belaïd angehörte, hält weiterhin an ihrer Forderung nach einem Nationalen Kongress fest, an dem alle Parteien und Vertreter der Zivilgesellschaft gemeinsam über eine „Regierung der nationalen Einheit“ beraten. Am Samstag will die Bloggerszene in Tunis auf die Straße gehen.