„Biss und Präsenz“

FÜHRUNG Der Dom-Organist gibt Einblick in eines seiner fünf Instrumente in St. Petri

■ ist seit 1979 Domorganist in Bremen, seit 1984 außerdem Professor an der Hochschule für Künste.

taz: Was ist das Besondere an der Sauer-Orgel auf der Empore, Herr Baumgratz?

Wolfgang Baumgratz: Das ist eine Orgel, eigentlich schon ein Monument, aus dem Jahre 1894, also der romantischen Stilepoche. Davon gibt es nicht mehr viele. Es ist ein ganz typisches Instrument der Romantik, mit typischen Klangressourcen. Und die sind ganz anders als etwa bei der Silbermann-Orgel von 1734 in der West-Krypta.

Und zwar?

Die Silbermann-Orgel ist viel frischer und brillanter im Klang, auch reicher an Obertönen. Die Sauer-Orgel ist dunkler, grundtöniger und voluminöser.

Wie ist Ihr persönliches Verhältnis zu dem Instrument?

Wir haben zwar nicht unser eigenes Instrument, aber immer ein Unikum. Die Sauer-Orgel gibt es eben nur einmal, obwohl der Erbauer mehrere, oft auch ähnliche Instrumente gebaut hat, aber eben in ganz anderen Räumen. Als Musiker ist man damit natürlich sehr verwachsen, ich versuche, auch immer neue Möglichkeiten zu entdecken.

Und was unterscheidet diese Sauer-Orgel von anderen des gleichen Herstellers?

Als erstes natürlich durch den Raum als Klangträger. Die drei größten, noch erhaltenen Sauer-Orgeln sind die im Berliner Dom mit 115 Registern. Die ist auch etwas jünger als die hiesige mit ihren 100 Registern. Dann kommt die aus der Thomas-Kirche in Leipzig. Das sind drei große Werke von Wilhelm Sauer, die aber sehr unterschiedlich klingen. Die Berliner Orgel ist trotz der Größe relativ sanft und weich, die Bremer hingegen hat vielmehr Biss und Präsenz.

Und die übrigen Orgeln?

Die im Nordschiff, die so genannte Bach-Orgel, wurde vor allem für die Werke von Bach konzipiert. Die ist härter im Klang, barocker, strahlender als die große Orgel. Interview: Jan Zier

17 Uhr, Dom