Kommentar Peter Müller: Unabhängigkeit ist lernbar

Wenn Peter Müller die Transformation schafft, dann wird man sich bald nur noch vage an sein Vorleben erinnern. Gelingt es ihm nicht, wird er einflussloser Außenseiter bleiben.

Verfassungsrichter sind oftmals wichtiger als viele Minister. Dennoch wird über ihre Auswahl in Deutschland nur selten diskutiert. Der Grund ist wohl, dass meist Professoren und Bundesrichter benannt werden, die kaum einer kennt. Jetzt aber soll Peter Müller - der CDU-Ministerpräsident des Saarlandes - Verfassungsrichter werden. Und sofort brechen heftige Diskussionen aus, obwohl die Wahl doch erst im Herbst stattfindet.

Die Aufregung kann aber nur verwundern. Schon immer gab es Verfassungsrichter, die vorher Politiker waren. Einige der profiliertesten Karlsruher Richter kamen direkt von einer Regierungsbank: Ernst Benda (Bundesinnenminister, CDU), Roman Herzog (Landesinnenminister, CDU) und Jutta Limbach (Justizsenatorin, SPD).

Nun ist Peter Müller nicht nur Minister, sondern Ministerpräsident, Und er war in den 80er Jahren nur vier Jahre als Richter tätig. Kritiker fragen: Ist so ein Vollblutpolitiker nicht stets befangen, kann er sich in einen Senat einordnen, kennt er überhaupt das Verfassungsrecht?

Berechtigte Fragen. Aber das ist vor allem das Problem und das Risiko der CDU, die ihn vorgeschlagen hat. In Karlsruhe kann kein Richter allein die Welt bewegen, es gilt die "Macht der acht". Um eine Mehrheit in seinem Senat zu bekommen, muss auch Müller teamfähig sein, er muss seine Argumente in der Karlsruher Rechtsprechung verankern, und vor allem muss er jeden Anschein von Parteipolitik vermeiden.

Wenn ihm das nicht gelingt, wird er ein einflussloser Außenseiter bleiben. Doch wenn er die Transformation schafft, dann wird man sich bald nur noch vage an Müllers Vorleben erinnern. Einzelne Politiker können das Verfassungsgericht nicht verändern, aber das Amt hat schon manchen Politiker zum unabhängigen Richter gemacht.

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Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

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