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: Feindlicher Kämpfer im eigenen Land

Vor dreieinhalb Jahren verkündete die US-Regierung die Festnahme von Jose Padilla. Das FBI verhaftete ihn im Mai 2002 bei seiner Rückkehr aus Pakistan in Chicago: Er wurde verdächtigt, dass er im Land eine „dirty bomb“, eine radioaktiv strahlende Bombe, hochgehen lassen wollte. Der damalige Generalstaatsanwalt John Ashcroft sagte, Padilla sei ein von al-Qaida ausgebildeter Terrorist und so gefährlich, dass er ihn auf einem Kriegsschiff in South Carolina einkerkerte und den Schlüssel wegwarf.

Seitdem verteidigt die Bush-Regierung eisern ihr nach dem 11. September 2001 selbst gewährtes Recht, Menschen wie Padilla ohne Prozess oder Zugang zu Anwälten gefangen zu halten. Obwohl US-Bürger puerto-rikanischer Herkunft, wurde Padilla als „feindlicher Kämpfer“ eingestuft. Damit wurde eine Anklage gegen ihn für nicht notwendig erklärt, eine Ansicht, die die Regierung bis hinauf zum Obersten Gerichtshof durchboxen wollte. Doch außer widersprüchlichen Gerichtsurteilen geschah nichts. Padilla verschwand und durfte nicht einmal die Briefe seiner Mutter lesen.

Padilla wurde vor 34 Jahren in New York geboren und wuchs in Chicago auf. Dort gehörte er als Teenager einer Straßengang an und landete deswegen zweimal im Gefängnis. 1998 zog er nach Ägypten. Er heiratete eine Ägypterin und konvertierte zum Islam. Auf einer Pilgerfahrt nach Mekka soll er einem Jemeniten begegnet sein, der ihn für das Terrornetz al-Qaida angeworben hat.

Seit Dienstag ist aus dem „feindlichen Kämpfer“ Padilla wieder ein „normaler Krimineller“ geworden: Er wurde formell angeklagt. Obwohl seinem Mandanten eine lebenslange Haftstrafe droht, begrüßte Padillas Anwalt, Andrew Patel, die Anklage. Padilla habe nun die Gelegenheit, „sich zu verteidigen“. Die Anklage lastet ihm elf Punkte an: Er soll einer fünfköpfigen Terrorzelle angehört haben. Diese habe sich verschworen, im Ausland „zu morden, zu kidnappen und Personen zu verstümmeln“. Auch habe die Gruppe andere Terroristen unterstützt. Zudem wird Padilla vorgeworfen, nach Afghanistan gereist zu sein, um sich dort zum Terroristen ausbilden zu lassen.

Noch im September hatte ein Berufungsgericht der US-Regierung Recht gegeben. Doch Anwalt Patel trug den Streit bis vor den Obersten Gerichtshof und will ihn dort auch weiter ausfechten. Von dem Vorwurf, eine schmutzige Bombe geplant zu haben, ist nichts mehr zu hören. Selbst auf Nachfrage ging Staatsanwalt Alberto Gonzales auf das Thema nicht mehr ein. In der Anklageschrift werden nicht einmal die angeblich geplanten Terrorakte innerhalb der USA aufgeführt.

ADRIENNE WOLTERSDORF