Macher aus dem Teufelsmoor

Jörg Mielke ist es gewohnt, gelegentlich übersehen zu werden. Aus rein physischen Gründen. Der neue Chef der niedersächsischen Staatskanzlei ist deutlich kleiner als ein Durchschnitts-Erwachsener. Aber unterschätzt – das wird Mielke schon lange nicht mehr.

Sein Sprung vom Landratsamt im abgelegenen Osterholz-Scharmbeck mitten ins Machtzentrum der rot-grünen Landesregierung wirkte zwar einigermaßen überraschend, von Außen betrachtet. Doch der jetzige Ministerpräsident Stephan Weil hatte den 53-Jährigen schon länger auf seiner Liste. Der parteilose Jurist, der als SPD-Kandidat Landrat wurde, ist ein effizienter Verwaltungsprofi. Und darüber hinaus ein derart heller Kopf, dass die Konkurrenz auch mal freiwillig die Segel streicht. Das tat zuletzt die CDU, die bei der letzten Landratswahl auf die Aufstellung eines Herausforderers verzichtete. Mielke bekam 85 Prozent der Stimmen.

Man könne sagen: Mielke hat sich im Teufelsmoor, wo er als Rechtsamts-Referent begann, warm gelaufen. Er arbeitete in Kommissionen, wurde Vorsitzender der Metropolregion Bremen-Oldenburg und des Kommunalen Arbeitgeberverbandes. Dennoch ist die Leitung eines strukturschwachen Landkreises nicht mit dem Chefposten in der Staatskanzlei vergleichbar.

Es gehört zu Mielkes Qualitäten, sich von diesem Quantensprung völlig unbeeindruckt zu zeigen. Es ist das gleiche, etwas schiefe Lächeln, die Mischung aus Skepsis und einem gewissen Amüsement, mit der er bei seiner Amtseinführung zum Ministerpräsidenten herauf schaut, die man von seinen Pressekonferenzen in Worpswede kennt. Die umfassende Neuaufstellung des früher chronisch zerstrittenen Künstlerdorfes gehört zu seinen bisherigen strategischen Meisterleistungen.  HENNING BLEYL