KÜNSTLERHAUS TEIL 2
: Deko und Design

Das nenne ich eine kompetente Moderne-Kunst-Erklärung

Und wieder im Künstlerhaus Bethanien. Dort ist in einem Raum das Zimmer eines Greenpeace-Aktivisten ausgestellt, eine vollgestellte, dreckige Spüle mit vertrocknetem Vollkornbrot, ein Plattenspieler, auf dem eine Greenpeace-Platte läuft, ein mit Greenpeace-Broschüren übersäter Tisch, hinter einer Zwischenwand dann noch ein Schrank mit Klamotten, auf denen auch Greenpeace drauf ist, und ein zerwühltes Greenpeace-Bett mit Greenpeace-Büchern. Ein Arrangement mit tausend Details, und jedes Detail sendet die Botschaft „Greenpeace“ aus, damit auch jeder merkt, oh je, das ist mir jetzt aber ein bisschen zu viel Greenpeace.

Ich will gerade gehen, als Ulrich Peltzer reinkommt. Ich frage ihn, ob er Moderne-Kunst-Erklärer ist. Klar, sagt er, wirft einen Blick auf die Greenpeace-Installation und sagt: „So was kann man heute gar nicht mehr machen, nachdem Tracey Emin ihr Bett mit den ganzen Ablagerungen ausgestellt und sich damit entblößt hat. Hans Platscheck hat bei so was immer gesagt: Hat mal wieder jemand seinen Mülleimer ausgeleert. Aber seit es keinen gültigen Kunstkanon mehr gibt, ist alles nur noch Deko und Design.“ Ich bin beeindruckt. Das nenne ich mal eine kompetente Moderne-Kunst-Erklärung.

Von Ulrich Peltzer erfahre ich dann noch, dass der ganze riesige Gewerbegebäudekomplex von Berggruen gekauft worden ist, der auch schon Karstadt gekauft hat. Er hat die Galerie dann günstig an das Künstlerhaus Bethanien vermietet, außerdem hat er an die fünfzig Ateliers einrichten lassen, die von Stipendiaten von Kunsthochschulen aus aller Welt bevölkert werden und die dann ihre Kunst in der Galerie ausstellen, die sich aber niemand anguckt. Ich finde das alles sehr spannend. Da lebe ich schon seit dreißig Jahren in der Gegend und habe von alldem wieder nichts mitgekriegt. Typisch, denke ich und gehe etwas geknickt nach Hause. KLAUS BITTERMANN