Popmuseum rockt Stadthaushalt

Panik auf den Straßen von Gronau: Stadtrat beschließt neue Geldspritze für das vom Land Nordrhein-Westfalen geförderte Rock- und Popmuseum. Steuerzahlerbund warnt vor Pleite des Prestigeobjekts

VON MARTIN TEIGELER

Das Gronauer Rock- und Popmuseum produziert neue Defizite. Am Mittwoch Abend beschloss der Stadtrat der münsterländischen Kommune eine weitere Geldspritze in Höhe von 250.000 Euro. Der Zuschussbedarf des vom Land NRW geförderten einzigen Popmuseums auf dem europäischen Kontinent steigt damit auf rund 1,2 Millionen Euro an, bestätigte gestern ein Sprecher der Stadt Gronau. Die Ursachen liegen in schlechten Ticket- und Merchandise-Verkäufen. Statt der ursprünglich einmal veranschlagten 60.000 Besucher kann das Museum im laufenden Jahr lediglich mit rund 30.000 Popmusikfans rechnen. „Wir haben nur den Bau, nicht den Betrieb des Museums gefördert“, sagte eine Sprecherin des Düsseldorfer Städtebauministeriums. Die Verantwortung für den Betrieb des Museums liege bei der zuständigen Kommune. Das Land hatte den Prestigebau mit knapp fünf Millionen Euro unterstützt.

Der NRW-Steuerzahlerbund sorgt sich deshalb um die wirtschaftliche Situation des Projekts. „Das Museum entwickelt sich nicht gerade zum Mekka der Fans. Wer letztlich dafür aufkommt, ist der Steuerzahler“, sagt Eberhard Kanski, Haushaltsexperte des Steuerzahlerbundes. Schwache Besucherzahlen, hohe städtische Zuschüsse – die „betriebswirtschaftliche Fehlentwicklung“ des Museums müsse beendet werden, die Einrichtung benötige eine „solidere Finanzierungsstruktur“, so Kanski. Der Steuerzahlerbund empfiehlt dem Museum die Anwerbung von Sponsoren. „Denn sonst besteht die Gefahr, dass kulturinteressierte Popfans ihr Museum in Gronau nicht mehr finden.“

Als die Stadt, der zuständige Kreis Borken und die damalige NRW-Kulturministerin Ilse Brusis (SPD) im Jahr 2000 das Museumskonzept der Öffentlichkeit präsentierten, galt das Vorhaben als Hoffnungszeichen für die strukturschwache Kommune an der niederländischen Grenze. Für rund 20 Millionen Mark sollte ein Museum für junge und alte Musikfans entstehen, allzu optimistische jährliche Zuschauerzahlen wurden hochgerechnet. Gastronomie und nicht zuletzt die knapp 15 Prozent Arbeitslosen in der ehemaligen Hochburg der untergegangenen Textilindustrie hofften auf einen Wirtschaftsaufschwung und neue Jobs. Der gebürtige Gronauer Udo Lindenberg (“Sonderzug nach Pankow“) stiftete Ausstellungsstücke.

Doch von Anfang an prägten Pleiten, Pech und Pannen die Entwicklung des rockenden Museums. Erst musste die Eröffnung wegen diverser Planungsfehler gleich mehrfach verschoben werden, dann gab es Ärger mit den Lieferanten der Museumstechnik. Seit September läuft vor dem Landgericht Münster ein Prozess um kriminelle Millionengeschäfte mit Werbewänden im Museum.

Als die Pop-Schau endlich im Juli 2004 die Türen öffnete, fielen die Reaktionen von Publikum und Presse zurückhaltend aus. Die Süddeutsche lästerte über die langweilige Exhibition und kritisierte „unvermeidliche Memorabilia, die man ähnlich aus jedem Hardrock Café kennt: Presleys GI-Uniform, Lennons Haschdose, Honeckers Schalmei-Geschenk an Lindenberg“. Auch der FAZ sagte der „Fetischcharakter“ des Museums nicht zu. Die Kundschaft nutzte neugierig die ersten eintrittsfreien Tage in Gronau und blieb dann weg.

„Das Kernproblem ist das schlechte Management und der Ort“, heißt es aus der Gronauer Lokalpolitik. Auch in Düsseldorf soll es von Anfang an Zweifel gegeben haben, ob ein Museum auf dem Land genügend Besucher anlocken würde. Eine Anfrage zu den erwarteten Besucherzahlen im Jahr 2006 beantwortete das Popmuseum gestern nicht.