Krise in der Elfenbeinküste: Weißrussische Waffen für Gbagbo?
Das Regime in Minsk soll Laurent Gbagbo Kampfhubschrauber geschickt haben. Dessen Streitkräfte schießen auf UN-Experten, die diesen Bruch des Waffenembargos untersuchen wollen.
ABIDJAN/BERLIN afp/taz | Angriffe auf UN-Soldaten in der Elfenbeinküste haben die Spannungen in dem politisch geteilten Land verschärft. Die Streitkräfte des am Amt festhaltenden Wahlverlierers Laurent Gbagbo eröffneten am Montag auf dem Flughafen der Hauptstadt Yamoussoukro das Feuer, um zu verhindern, dass Angehörige der UN-Mission in der Elfenbeinküste (Unoci) Berichte über illegale Waffenlieferungen verifizieren, meldete die UN-Zentrale in New York. Die Experten des UN-Sanktionskomitees für die Elfenbeinküste und ein Blauhelmoffizier machten angesichts der Schüsse kehrt, erklärte ein UN-Sprecher.
Auf dem Flughafen von Yamoussoukro wollten die UN-Mitarbeiter Meldungen überprüfen, wonach drei Kampfhubschrauber aus Weißrussland sowie dazugehöriges Rüstungsmaterial eingeflogen worden seien, um die Gbagbo-Armee zu verstärken. Die erste Lieferung sei am Sonntagabend eingetroffen, weitere am Montag, hatte es geheißen. Sowohl die Gbagbo-Regierung im Südteil der Elfenbeinküste als auch die Rebellen der FN (Forces Nouvelles) im Nordteil des Landes stehen seit 2004 unter Waffenembargo.
Weißrussland hat die Lieferungen dementiert. Gbagbos Streitkräfte rüsten nach UN-Angaben erneut auf, seit Gbagbo im November 2010 Wahlen verlor und seitdem Wahlsieger Alassane Ouattara darin hindert, die Macht zu übernehmen. Letzte Woche waren erstmals seit sechs Jahren schwere Kämpfe zwischen Gbagbo-Truppen und FN-Rebellen an der Waffenstillstandslinie quer durch die Elfenbeinküste ausgebrochen.
Die Gbagbo-Regierung hält die UNO sowie die gesamte internationale Gemeinschaft für eine Kriegspartei, weil Ouattara international als gewählter Präsident der Elfenbeinküste anerkannt ist. Gbagbos Jugendminister Charles Blé Goudé, ein bekannter Scharfmacher und Milizenführer, rief letzte Woche die Jugend Abidjans dazu auf, "mit allen Mitteln" Bewegungen der rund 11.000 Mann starken UN-Blauhelmmission zu verhindern. Am Samstag wurden drei UN-Blauhelmsoldaten in einem Hinterhalt im Stadtteil Abobo verletzt.
Abobo ist seit einer Woche Schauplatz schwerer Kämpfe zwischen Gbagbo-Truppen und unidentifizierten Bewaffneten, Zehntausende Menschen sind auf der Flucht. Am Montag wurden zwei UN-Mitarbeiter in Abidjan einige Stunden entführt. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat angesichts all dessen eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates gefordert. D.J.
Leser*innenkommentare
Andreas Ackermann
Gast
Was euch freuen wird: War ein Schnellschuss der UN, fuer den sie sich nun bei Belarus entschuldigen mussten.
An der Berichterstattung habe ich deshalb allerdings nichts auszusetzen, schliesslich wurden Fragezeichen und Konjunktiv ganz richtig zur Anwendung gebracht.
1-Gaou
Gast
Eine vollkommen einseitige Darstellung der Geschehnisse in der Cote d'Ivoire. Wer sich über die Situation einen weiteren Überblick verschaffen will: www.ivoireleaks.de - da findet man u.a. auch einen link zu Wiglaf Droste's Artikel über die Falschmeldungen der TAZ über angebliche Massengräber im Kosovo (http://www.politik.de/forum/balkan/57296-der.html). Das selbe Niveau hat die derzeitige Berichterstattung über die Elfenbeinküste.
Gunnar Sturm
Gast
Herr Johnson,
die Aufgabe der ONUCI war es die Rebellen vor den Wahlen zu entwaffnen.
Und wo bitte haben die Rebellen Ihre Waffen nun her???
Mark M
Gast
Was sich derzeit in der Elfenbeinküste abspielt ist sehr tragisch. Jedoch muss sich die UN Fragen nach ihrer Glaubwürdigkeit in diesem Land gefallen lassen. Dass die UN keineswegs das neutrale Organ ist, dass sie vorgibt zu sein ist grade in dieser Krise sehr beeindruckend unter beweis gestellt worden.
Leider liest man nur wenig über den Weg hierher.
Ein gravierender Fehler der UNO war, dass man auf Wahlen gedrängt hat, obwohl die ehemaligen Kriegsparteien nicht entwaffnet waren. Die Veröffentlichung des Wahlergebnisses geschah vor franz. Medien unter Ausschluss der ivorischen. Und die Echtheit dieses Ergebnisses ist sehr fraglich.
Ein Ausweg ist nun sehr schwierig, weil sich die int. Gemeinschaft so sehr auf eine Seite geschlagen hat. Im Fall Ägypten oder Libyen war es allen sehr egel ob die Wahlen echt waren oder nicht. Wenn man also 1 und 1 zusammenzählt, ist die Erklärung leicht: Gbagbo steht nicht für die uneingeschränkte Ausbeutung ivorischer Interessen von den führenden Wirtschaftsnationen, während Ouattra dies gewährleistet.
Die Ivorer lassen sich nicht einfach so bevormunden, dass muss auch in Paris und Berlin endlich angekommen sein.