Dänische Integrationsministerin entlassen: Ein Verstoß zu viel
Ministerpräsident Rasmussen entlässt seine Integrationsministerin, weil diese jahrelang UN-Konventionen ignorierte. Doch er reagierte selbst viel zu spät.
STOCKHOLM taz | Seit Jahren wusste die Ministerin, dass ihr Amt rechtswidrig handelte: Doch wies sie ihre Beamten an, mit dieser Praxis fortzufahren. Am Dienstag sah sich der dänische Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen gezwungen, seine Integrationsministerin und Parteifreundin Birthe Rønn Hornbech zu entlassen. Ihr Verhalten war selbst für die konservativ-rechtsliberale Regierung, die seit zehn Jahren die Ausländerpolitik immer weiter verschärft hat, untragbar geworden.
Es geht um die Staatsangehörigkeit von in Dänemark geborenen Kindern von Staatenlosen. Diesen Personen, die ihr Leben lang in einem Land verbracht haben, geben zwei UN-Konventionen das Recht, als 18-Jährige die Staatsangehörigkeit dieses Landes zu erhalten. Doch im Fall von mindestens 30 Kindern staatenloser Palästinenser lehnte das Integrationsministerium entsprechende Anträge ab. Es berief sich auf eine "Auslegung" dieser Konventionen, obwohl es dafür juristisch keinen Raum gibt und bisher auch kein anderes Unterzeichnerland auf die Idee kam, dass deren Bestimmungen auslegungsfähig sein könnten.
Als die linke Tageszeitung Information vor einigen Wochen den Skandal aufdeckte, versuchte die seit 2007 als Integrationsministerin amtierende Rønn Hornbech, die vorher 13 Jahre lang rechtspolitische Sprecherin der liberalen Venstre-Partei war, sich mit Unkenntnis herauszureden. Amtsvorgänger hätten diese Praxis eingeführt, von der sie nichts gewusst habe. Doch hohe Beamte ihres Ministeriums wussten es besser und steckten dies auch der Presse.
Rønn Hornbech ist Überzeugungstäterin. Sie verhehlte in den letzten Jahren nicht, was sie von internationalen Menschenrechtskonventionen hält. Diese hätten sich zu einer "Religion" und teilweise zu "reinem Unsinn" entwickelt. In ihrer Einschätzung, dass in Dänemark im Konfliktfall allein dänisches Recht zu gelten habe, trifft sie sich mit der ausländerfeindlichen Dänischen Volkspartei. Die Ministerin habe bewusst Recht gebrochen und versucht, dies ihrer Haltung anzupassen, warf ihr ein Parteifreund vor. Medienkommentare sehen den Ministerpräsidenten in seiner schwersten Krise. Er habe viel zu spät reagiert.
Leser*innenkommentare
klaus
Gast
Das wird den linken Parteien in Dänemark nicht helfen.
Vielleicht haben sie jetzt 30 Stimmen mehr - von den ungebetenen Migranten.
Im Lande selbst - ich fahre einmal im Jahr da hin, ist die Ministerin sehr populär. Nun ist sie eben ein Opfer einer linken Kampagne geworden - na und.
Die Wähler werden das zu würdigen wissen.
AlteSchwedin
Gast
allerhand faul im staate dänemark. beschämend.
@Ndege
großkotzig als staatszugehöriger so einen stuss loszulassen.
Ndege
Gast
Schon komisch, wie jede Partei die für deutlich strikte Einwanderungsgesetze ist, bei der taz gleich auch "ausländerfeindlich" ist.
Nach dieser dumpfen Argumentation wäre SIlvio Gsell auch Kommunist.
Martin
Gast
Ähhmm... Stockholm? Nicht Kopenhagen?
*** Anmerkung der Redaktion: Unsere Spitzmarken kennzeichnen, von welchem Ort aus unsere Autoren schreiben. Den Ort des Geschehens benennen sie nicht.