risikoabschätzung
: Überraschende Bio-Vielfalt

Für den australischen Forscher Thomas Higgins ist es eine bittere Enttäuschung. Zehn Jahre benötigte er, um Erbsen herzustellen, die mit einem Selbstschutz gegen den Erbsenkäfer ausgestattet sind. Jetzt stellte er die Arbeiten ein. Dabei hatte doch alles so gut funktioniert. Er übertrug auf die Erbsen ein Gen aus der Bohne, das dort für die Produktion eines Proteins sorgt und von dem bekannt ist, dass es Käfern den Appetit verdirbt. Das gentechnische Schutzschild funktionierte auch. Fütterungsversuche mit Mäusen zeigten, dass diese auch ohne Schaden zu nehmen die Erbsen verzehren konnten. Und zudem war bekannt, dass Menschen schon seit Jahrhunderten die Bohnen mit dem Protein zu sich nehmen – ohne krank zu werden. Doch Higgins hat nicht mit der unberechenbaren Vielfalt der Natur gerechnet. Zusätzlich in Auftrag gegebene Tests brachten ans Tageslicht, dass das Bohnenprotein aus der Erbe bei Mäusen Lungenentzündungen auslöst, wenn diese es inhalieren. Die Erklärung: In der Pflanze bekommt das Protein noch einige Zuckermoleküle angehängt. Und diese sind in der Erbse anders als in der Bohne. Die Erbsenpflanzen offenbaren, dass die Risikoabschätzung ein schwieriges Geschäft ist. Denn nicht mit allen Gentech-Pflanzen werden so aufwendige Inhalationsversuche gemacht. Zudem war Glück im Spiel. Denn was wäre, wenn die Versuche anstatt mit der Maus mit einem Tier durchgeführt worden wären, das nicht mit einer Immunreaktion auf das Protein reagiert. Vielfalt gibt es nämlich auch bei den Tieren.

WOLFGANG LÖHR