Tourismusbörse ITB: Ägypten rockt die ITB

Die Treue vieler Deutscher beschert tunesischen und ägyptischen Ausstellern auf der ITB rührende Momente. Japan schließt seinen Stand vorzeitig.

Auf der ITB wird die Revolution zur Werbekampagne. Bild: DAPD

"Entdecken Sie Cool Japan" - die bunte Werbung auf der Rückseite der Hallenpläne, die an die Besucher der Internationalen Tourismusbörse Berlin (ITB) verteilt werden, hat sich am letzten Messetag traurig überholt. Japan hat seinen elegant-schlichten Stand bereits am Samstag geschlossen. Werbung für Reisen nach Japan erscheint angesichts der geschehenen und noch drohenden Katastrophen und des Leidens im Land unangebracht.

Ganz anders sieht es an den Ständen von Tunesien und Ägypten aus: Länder, die gerade große politische Umwälzungen hinter sich haben. Wenn hier Tränen fließen, sind es solche der Rührung: "Viele emotionale Momente" habe sie auf der ITB erlebt, sagt am Sonntag die Repräsentantin eines ägyptischen Reiseanbieters: "Die Leute hier sind sehr interessiert an der Situation im Land." Viele hätten sich Sorgen um Ägypten und die Menschen dort gemacht: "Nun freuen sie sich mit uns", sagt die junge Ägypterin. Das Image ihres Landes habe sich durch die Revolution eher noch verbessert, so ihr Eindruck.

Tatsächlich wirbt Ägypten auf der ITB sogar mit dem Umsturz. "Tahrir - ein Platz rockt die Welt" lautet der Slogan auf den Plakaten am großen und aufwändig gestalteten Messestand. Die demokratische Aufbruchstimmung im Land, den Beginn einer neuen Ära wolle man mit dieser Kampagne vermitteln, sagt Katja Zimmer, die für die Tourismus-Abteilung des Ägyptischen Konsulats arbeitet. Ihr Stand ist umlagert, als gebe es etwas zu gewinnen: Doch die Zettel, die die BesucherInnen dort ausfüllen, sind keine Reiseverlosungen, sondern Fragebögen zum Image Ägyptens bei den Gästen der ITB.

"Durchweg positiv" sei das Feedback, das in den Antworten zum Ausdruck komme, sagt Ägypten-Werberin Zimmer. Die Äußerungen der StandbesucherInnen bestätigen das: "Sehr gerne" würde er jetzt nach Ägypten fahren, sagt ein junger Mann. "Jetzt ist es doch gerade besonders spannend", ergänzt seine Begleiterin. Doch leider: "Wir haben momentan kein Geld dafür."

Viele BesucherInnen fragten jetzt direkt nach günstigen Angeboten, sagt Katja Zimmer - auch das eine Folge der Revolution. Kurzfristig, " für einige Wochen", soll es die auch geben, "um den Tourismus wieder hochzufahren", doch "letztendlich entscheidet der Privatsektor über die Preisentwicklung".

Auch am Stand Tunesiens sind viele Aussteller umlagert von Messegästen, die ihnen versichern, dass sie "gerade jetzt" nach Tunesien reisen wollen. Für 298 Euro ist eine Woche "all inclusive" derzeit zu haben - übliche "Messeangebote", versichert ein Aussteller, die mit der politischen Lage nichts zu tun hätten. Auch in Tunesien hofft man, bis zur Hochsaison im Sommer die Zeit der Sonderpreise überwunden zu haben. Und auch hier wird mit der Revolution geworben - wenn auch dezenter als in Ägypten: "Tunisia - the place to be … now!" heißt der aktuelle Slogan des bei Deutschen beliebten nordafrikanischen Reiselands.

"Absolut kein Problem" sei es für sie, derzeit nach Tunesien oder in andere arabische Länder zu fahren, sagt eine Besucherin des Standes. Nächste Woche fliege sie nach Marokko, im Juni nach Ägypten, im Herbst sei Tunesien dran, zählt sie auf. Sie fühle sich dabei "absolut sicher": "Die Gastfreundschaft ist dort so groß, niemand würde Touristen etwas antun", sagt die reiselustige Seniorin: "Die Menschen leben ja vom Tourismus." Und vor Terroranschlägen sei man nirgendwo auf der Welt geschützt.

Nein, sie würden "in den nächsten zwei Jahren auf keinen Fall in arabische Länder reisen", sagt dagegen ein älteres Ehepaar, das sich gerade einen Prospekt am ITB-Stand von Libyen einsteckt: "Für später mal!" Eigentlich reisten sie gerne nach Nordafrika, erzählen die beiden, aber momentan sei ihnen das zu unsicher: "Wir haben erst mal eine Mittelmeerkreuzfahrt gebucht."

Ganz allein sitzt dagegen ein junger Mann am großen libyschen Stand und versichert monoton, weder Englisch noch Deutsch zu sprechen. Nähern sich Gäste, die nicht das rote Band um den Hals baumeln haben, das sie als Journalisten ausweist, geht das mit dem Englischen zwar doch ein bisschen, aber als ein freundlicher, alter Herr nach der Situation im Land fragt, winkt der junge Mann wieder ab: Er verstehe nicht. Und sieht dabei aus, als bräche er gleich in Tränen aus.

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