DIE HOCHSCHULREKTORENKONFERENZ STEHT AM ABGRUND
: Eine Fehlkonstruktion

Der Chef der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) ist gerade zurückgetreten. Peter Gaehtgens musste aus Gründen gehen, über die näheres zu berichten politischen Journalisten nicht ansteht. Aber die dilettantischen Umstände seines Abgangs sind interessant. Da behandeln sieben Vizepräsidenten ihren Chef derart unehrenhaft, dass der den Lafontaine macht. Und jetzt steht die nationale Interessenvertretung des deutschen Hochschulsystems kopflos da.

Der ungeschickte Königsmord der Rektoren ist eine Ersatzhandlung. Sie haben sich vor Verzweiflung über die Politik am Präsidenten schadlos gehalten. Denn die Hochschulen sind mit drei bis vier Milliarden Euro unterfinanziert. Sie gammeln vor sich hin. Dem prognostizierten Ansturm von bis zu 2,5 Millionen Studierenden, den das Land ja auch braucht, können sie nie und nimmer standhalten. Parlamente und Regierungen beklagen zwar lauthals, dass spätestens ab dem Jahr 2020 die gesellschaftliche Idealverteilung von Jungen und Alten dahin sein wird. Die Regierenden wissen auch, dass sie dem nur dann entgegensteuern können, wenn sie eine Art Qualifikationsexplosion auslösen. Doch was tut die Politik?

Sie übergibt die Zuständigkeit für die Hochschulen komplett an die 16 kleinen Teilstaaten. Einem zusammengewürfelten Häuflein von Städten, in denen das Bildungsproletariat die Mehrheit stellt, und Ländern, die fest entschlossen sind, Schulen und Hochschulen zu schließen. Kleinstaaten, in denen die Wissenschaftsminister nur eine Disziplin richtig gut beherrschen: der Bildung den Geldhahn abdrehen.

Unter diesen Bedingungen offenbart sich die Rektorenkonferenz als Fehlkonstruktion. Sie bekommt ihr Geld von den Wissenschaftsministern – was den allzu freundlichen Umgang der Uni-Chefs mit ihren Landesregierungen gut erklärt. Die HRK steht am Abgrund. Sie sollte sich neu organisieren. Sie sollte eine schlagkräftige und unabhängige Vertretung gegenüber der Politik werden. Und sie sollte BürgerInnen reinen Wein einschenken: Entweder die Universitäten werden adäquat finanziert – oder das Land kehrt zurück zu den kargen Bildungschancen der 50er-Jahre. CHRISTIAN FÜLLER