„Sie sollen sich am legalen Leben erfreuen“

HAFTENTLASSUNG Peter Matthiesen über die Resozialisierung ehemaliger Häftlinge der Generation 50 plus

■ 65, ist Diplom-Sozialökonom und seit 1999 Geschäftsführer beim Verein Integrationshilfen. Er kooperiert mit Personaldienstleistern.

taz: Herr Matthiesen, Ihr Verein kümmert sich um die Resozialisierung von Ex-Häftlingen. Der demografische Wandel ist in aller Munde. Nun auch in Ihrer Straffälligenhilfe?

Peter Matthiesen: Auch wenn man den demografischen Wandel sicherlich in den einzelnen Gefängnissen spüren mag, – bei unserem Wohn- und Arbeitsvermittlungsprojekt spielt dieser erstaunlicherweise keine große Rolle. Nur etwa zehn Prozent unserer Klienten sind über 50 Jahre alt.

Können Sie sich das erklären?

Nein. Des Weiteren muss ich auch sagen, dass wir ältere Menschen nicht so gerne in unsere Übergangswohnungen einziehen lassen.

Wieso? Gibt es in Ihrer Behandlung einen Unterschied zwischen jüngerer und älterer Generation?

Nein, wir achten eher auf die individuellen Bedürfnisse der einzelnen Klienten als auf ihr Alter.

Aber?

Ältere Menschen tendieren dazu, direkt nach ihrer Haft unsere Übergangseinrichtungen als langfristige Wohnmöglichkeit anzusehen. Sie fühlen sich bei uns wohl. Das hängt sicherlich auch mit der sozialen Isolation im Knast, besonders im höheren Alter, zusammen.

Sollen sie sich nicht auch wohlfühlen?

Doch, aber wir verstehen uns als Institution, die die Ex-Häftlinge wieder auf eigene Beine zu stellen versucht. Sie sollen sich wieder am legalen Leben erfreuen und nicht rückfällig werden.

Wenn jemand mit 55 den Knast verlässt, wie sieht es dann mit der Chance auf Arbeit aus?

Wenn die Qualifikation und der Wille stimmt, dann versuchen wir natürlich auch, gemeinsam mit dem Klienten eine Arbeitsstelle zu finden. Aber sicherlich sind die Erfolgsaussichten in diesem Fall geringer. Ein älterer Baum lässt sich schwer verpflanzen.

Pflegen Sie eine gute Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit?

Sehr wohl. Es gibt keinerlei Probleme in der Kooperation. Die Arbeitsagentur drückt bei den älteren Menschen ein Auge zu und die Löhne der vermittelten Personen sind fair.

Drückt ein Auge zu?

Ältere Ex-Häftlinge werden von der Arbeitsagentur eher in Ruhe gelassen. Sie müssen nicht wie Jüngere 30 Bewerbungen verschicken, bis sie einen Arbeitsplatz bekommen. Hier wird nicht ein so hoher Druck ausgeübt.  INTERVIEW: KRISTIANA LUDWIG