Geld statt Gutschein

GERECHT Künftig sollen die Kommunen in Niedersachsen selbst entscheiden, ob sie Asylbewerbern Geld oder Gutscheine ausgeben. Eine Verhandlung zur Rechtmäßigkeit der Gutscheine wurde abgesagt

Das diskriminierende Gutscheinsystem dürfte ein Ende finden“

SVEN ADAM, RECHTSANWALT

Eigentlich sollte am Montag vor dem Sozialgericht Hildesheim verhandelt werden, ob es rechtmäßig ist, Asylbewerbern Gutscheine für Grundleistungen wie Essen und Hygieneartikel auszugeben. Aber die Verhandlung wurde abgesagt, nachdem Niedersachsens neuer Innenminister Boris Pistorius (SPD) angekündigt hat, die derzeitige Regelung zu überprüfen. „Die Landkreise und kreisfreien Städte sollen freier entscheiden können, ob sie anstelle von Sachleistungen oder Wertgutscheinen Bargeld auszahlen“, sagt er.

„Das diskriminierende und verfassungswidrige Gutscheinsystem dürfte noch im März im Stadtgebiet von Göttingen ein Ende finden“, sagt Rechtsanwalt Sven Adam, der 19 Flüchtlinge aus Landkreis und Stadt Göttingen vertreten und für sie Bargeld statt Gutscheine gefordert hatte.

„Wir fordern seit Jahren ein Ende der Gutscheinvergabe“, sagt Kai Weber vom Flüchtlingsrat Niedersachsen. Außer in Bayern und Thüringen werde bereits in allen Bundesländern zumeist Geld gezahlt – gut, dass Niedersachsen nachziehe. Auch das Sozialgericht Hildesheim hatte zuletzt im Januar in einem Prozess um zu niedrige Sozialleistungen für eine Asylbewerberin angedeutet, dass Gutscheine nur ausgegeben werden dürften, wenn das „diskriminierungsfrei möglich“ sei. „Genau das ist aber auf dem Land, wo viele Geschäfte gar keine Gutscheine annehmen, eben nicht möglich“, sagt Weber.

Pistorius Amtsvorgänger Uwe Schünemann (CDU) hatte die Auffassung vertreten, Bargeld sei ein Anreiz für Osteuropäer, nach Deutschland zu kommen. Stadtrat und Verwaltung Göttingens waren angewiesen worden, an den Gutscheinen festzuhalten. „Sollte den Kommunen die Entscheidung, ob Gutscheine oder Bargeld ausgezahlt wird, nun ins eigene Ermessen gestellt werden, werden wir künftig Bargeld statt Wertgutscheine ausgeben“, sagt Marcel Riethig, Pressesprecher des Landkreises Göttingen. Auch die Stadt Göttingen will künftig auf Bargeldauszahlungen setzen.  ILK