WIE SIND WIR DENN DRAUF?
: Nie mehr oben ohne

Du jetzt auch?“, fragt mich der Kollege staunend.

„Ja“, sage ich und blicke ein wenig bedröppelt.

„Sieht gut aus“, meint der Kollege, der in dieser Hinsicht schon ein paar Jahre Erfahrung hat.

„Ist auch das Mindeste“, antworte ich.

„Und warum?“

Tja, das ist eine gute Frage. Ich habe mich entschieden, beim Fahrradfahren einen Helm zu tragen. Nach langem Ringen. Warum, weiß ich auch nicht so genau. Weil es ein Trend ist, in der Stadt Helm zu tragen? Ja, sagt ein anderer Kollege, der im Speckgürtel wohnt. „Dort tragen nicht mal die Alten so einen Schutz“, berichtet er aus seiner Dorferfahrung. In Berlin hingegen seien es 20 Prozent aller Radler, mindestens. Berlin sei also der Provinz voraus. Das klingt doch gut.

Die Größenordnung „20 Prozent“ versuche ich nun bei der täglichen Fahrt zur Arbeit durch Beobachtungen zu erhärten. Es fällt mir schwer. Viel zu viele Radfahrer lieben es oben ohne. Vielleicht ist es immerhin jeder Zehnte. Auch die Polizei weiß nicht mehr: Darüber würden trotz regelmäßiger Kontrollen der Radfahrer keine Daten erhoben. Helme seien ja nicht vorgeschrieben.

Im privaten Umfeld hingegen ist der verstärkte Griff zum Hirnschutz nicht zu bestreiten. Der Grund ist meist traurig: Viele haben nach mehr oder weniger traumatischen Unfallerfahrungen so ein Ding gekauft. Ich hatte bisher Glück.

Derzeit haben es Helme schwerer als sonst: Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt muss man sie über die Mütze quetschen, Pudelmützen gehen gar nicht. Doch auch das hält viele nicht davon ab, behelmt herumzufahren.

Dann ist da noch der modische Aspekt. Früher dachte ich, so ein Helm sieht einfach nur spießig aus. Bis mich letztens auf der Straße ein Bekannter ansprach und meinte, er habe sich gerade denselben Retro-Style-Helm gekauft. „Schick, nicht?!“, sagte er. Wer hätte gedacht, dass man für so ein Ding sogar Komplimente bekommt. BERT SCHULZ