Eben mal das Image aufpoliert

S-BAHN I: IGGY POP HILFT

(Achtung: Lesen Sie diesen Text nicht, wenn Sie die S-Bahn hassen oder mit Ohrwürmern nicht umgehen können.)

Lange Zeit lag die S-Bahn uneinholbar vorn, wenn es um das mieseste Image einer Berliner Institution ging. Defekte Waggons und gebrochene Versprechungen, kaum Schadenersatz, dazu Unpünktlichkeit als Programm: Viele Kunden lasen statt S- nur Sch…-Bahn, wobei das Sch… nicht nur für Schrott steht.

Am Donnerstag dürften die Bahnchefs Hoffnung geschöpft haben. Zur Hilfe kam dem Bummelbetrieb dabei eine Musikerlegende: Iggy Pops größter Hit „The Passenger“ sei „eine Hymne auf die Berliner S-Bahn“, sagte Esther Friedman dem Zeit-Magazin. Friedman war Mitte der 1970er, als das Lied entstand, Iggy Pops Freundin. Der Sänger lebte damals in Berlin und habe, so Friedman, fast jeden Tag einen Ausflug mit der S-Bahn gemacht. „Die Fahrten haben ihn zu dem Song inspiriert, insbesondere die Strecke raus zum Wannsee.“

Es gibt noch andere Theorien über den Hintergrund des Songs. Aber wer den Text genau anschaut, findet Hinweise, die Friedmans These – und die Hoffnung der S-Bahn-Manager – bestätigen könnten. „We’ll ride through the city tonight, see the city’s ripped backsides“: In den 70ern, als Pop zusammen mit David Bowie in Schöneberg lebte und damit einen Berliner Mythos begründete, war das die passende Beschreibung für viele Ecken der Stadt.

Auch die Zeile „All of it was made for you and me cause it just belongs to you and me“ ist in Bezug auf die Bahn korrekt: In den 70ern wurde sie von der ostdeutschen Reichsbahn betrieben, einem quasi volkseigenen Betrieb also. Hier ließe sich zudem an die Gegenwart anknüpfen: Es gibt kein besseres Argument, sich gegen die geplante Privatisierung von S-Bahn-Strecken auszusprechen, als einen Jahrhundertsong.

Unverändert richtig ist auch die bekannteste Liedzeile: „I am a passenger and I ride and I ride“, offenbar der Hinweis auf einen schier unendlichen Trip. Wer weiß heute schon, wenn er in die S-Bahn einsteigt, wann er ankommt? Aber das macht nichts – mit „The Passenger“ als Endlosschleife im Ohr. BERT SCHULZ