ERIC BONSE ÜBER DIE WIRTSCHAFTLICHE ENTWICKLUNG IN DER EU
: Deutsche Rezession

Wir wollen kein deutsches Europa, sagt Bundespräsident Gauck. Das deutsche Europa funktioniert auch nicht, sagen die Zahlen, die EU-Wirtschaftskommissar Rehn gestern in Brüssel vorgelegt hat. Vier Jahre nach Beginn der Krise in Griechenland steckt die Eurozone in der schlimmsten Rezession seit ihrer Gründung fest.

Und diese Rezession ist eine deutsche Rezession, jedenfalls zu einem großen Teil. Sie hat zum einen damit zu tun, dass Deutschland lieber nach Asien exportiert, statt die Ungleichgewichte in der Eurozone auszugleichen: Der deutsche Exportüberschuss hat 2012 neue Rekorde erreicht.

Zum anderen ist sie eine Folge des deutschen Dogmas, dass die Probleme allein durch Sparen zu überwinden seien. Natürlich müssen Griechenland oder Portugal den Gürtel enger schnallen. Doch mittlerweile würgt die Austeritätspolitik in ganz Europa die Konjunktur ab, drückt die Steuereinnahmen und lässt die Defizite steigen. Die Spardosis ist zu hoch, in manchen Ländern sogar tödlich, warnte SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück bei einem Besuch in Brüssel. Die neuen Zahlen aus der EU-Kommission geben ihm recht. Mittlerweile sind nicht nur die Länder unter dem Eurorettungsschirm, sondern auch bisher solide Staaten wie die Niederlande und Belgien in den Krisenstrudel geraten. Auch Frankreich geht es schlecht – wenn auch nicht so schlecht, wie immer behauptet wird.

Doch Konsequenzen aus diesem Scheitern, einen Kurswechsel gar sucht man vergebens. Währungskommissar Rehn kündigte zwar an, dass er den „Schuldensündern“ mehr Zeit geben und nicht gleich mit Strafen drohen will. Doch das zeigt nur, wie ratlos er ist. Denn wenn Brüssel nun auch noch Frankreich, Belgien oder die Niederlande züchtigt, wird sich die Krise nur noch weiter verschärfen.

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