Der Hungrige

Am Ende sah Daniel Ginczek ziemlich schwanger aus, wie er – den Spielball unters Trikot gestopft – in Richtung Spielertunnel verschwand. Eine Vitrine wolle er sich nun anschaffen, versprach der 21-Jährige, in der das runde Leder einen Ehrenplatz erhalten werde. Dann ließ „Günni“ den Beute-Ball, den er beim 3:0-Heimsieg des FC St. Pauli gegen den FSV Frankfurt gleich dreimal über die Torlinie bugsiert hatte, ein wenig durch seine Finger gleiten und erzählte noch mal genau, wie er vor seinem zweiten Treffer gleich zwei Gegenspieler getunnelt, also ihnen den Ball durch die Beine gespielt hatte.

Zuvor war dem Stoßstürmer des FC St. Pauli in seiner noch jungen Karriere als Berufsfußballer noch nie ein Dreierpack gelungen – nicht einmal einen Doppelpack weist die Statistik bislang aus. Am Freitagabend aber platzte der Knoten und Ginczek krönte eine hervorragende Leistung seines Teams gegen den FSV Frankfurt mit drei tollen Treffern. „Für solche Momente wird man Profi“, strahlte der von 26.000 Fans gefeierte Matchwinner, der mit seinen Toren dem Hamburger Zweitligisten etwas Luft im Abstiegskampf verschaffte.

Die im Spiel verbrauchten Kalorien wird Daniel Ginczek bald wieder drin haben. Sportchef Rachid Azzouzi hatte schon vor einigen Wochen mit dem Angreifer um ein opulentes Mahl gewettet, dass dieser in der laufenden Saison in keinem Spiel mehr als einmal treffen werde. Sieben Mal hatte Ginczek vor Freitag in der Liga schon eingenetzt, sich dann aber, so Azzouzi, „stets viel zu früh mit seinem Torerfolg zufriedengegeben“ und auch die fettesten Chancen liegen gelassen.

Der Motivationstrick wirkte und Ginczek kündigte an, „beim lecker Essengehen“, würden Azzouzi und dessen Frau auch dabei sein. So ein Candlelight-Dinner, ganz ohne Spielerberater, könnte vielleicht sogar helfen, dass Ginczek auch seinen Torhunger in Zukunft am Millerntor stillt. Der Goalgetter ist nur bis Saisonende von Borrussia Dortmund ausgeliehen und es ist ein offenes Geheimnis, dass die Hamburger ihn gerne längerfristig an sich binden würden. Da ist es nicht ganz verkehrt, wenn Sportchef und Spieler sich in angenehmer Atmosphäre näherkommen.

Mit dem Toreschießen sollte sich Ginczek dann aber vielleicht doch etwas zurückhalten. Jeder Treffer macht das Stürmertalent teurer und weckt auch die Begehrlichkeiten anderer Vereine mit größeren finanziellen Mitteln. So maulte ein St. Pauli-Fan, der Ginczek auch kommende Saison gern noch im Kader der Hamburger sehen würde: „Mensch Günni, zwei Dinger hättens doch nun wirklich auch getan.“  MARCO CARINI