BEZAHLFERNSEHEN
: lm Pufferstaat

So irrten wir dahin in unserer digitalen Abhängigkeit

Irgendwann kam es mir vor, als ob auch über uns so ein sich drehender Kreis schwebe, und darunter stünde das Wort „Buffering“ – als ob auch wir uns immer in einem Nachladezustand, einer Pufferzone, befinden würden.

Dabei waren wir aktiv geworden: Im Keller des Fluxbaus, fast auf Höhe der Wasseroberfläche der Spree, war statt des erhofften Public Viewings vor dem Promogig der Band On An On nicht viel mehr unternommen worden, als dass ein Praktikant einen Laptop an einen Beamer angeschlossen hatte und ein Sky-Zugang eingerichtet wurde. Ton gab es keinen, und das müde an die Wand geworfene Bild sah aus wie „FIFA 13“ auf der Playstation. Und dann gab es, inmitten der formidablen Spielzüge, eben immer diese Puffermomente. Bild nachladen.

So nicht, hatten wir gedacht und uns schnell noch während der ersten Halbzeit des Spiels auf die Suche nach einer Bar mit althergebrachtem Bezahlfernsehanschluss gemacht. Wir Sklaven des Bezahlfernsehens. Aber ins Oberbaumeck passte kein Schuhkarton mehr, und das Restaurant Ecke Wrangelstraße hatte auch nur eine kleine Ecke reserviert, die ebenfalls besetzt war. So irrten wir dahin – durch den verschneiten Pufferstaat unserer digitalen Abhängigkeit, auf der Suche nach dem Fernsehbild, das nicht stockte.

Der Kiez ums Schlesische Tor herum, das konnten wir derweil feststellen, hatte sich wieder einmal verändert. Asiatische Imbisse sind aus dem Boden geschossen wie Chinarindenbäume. Der Kaiser’s in der Wrangelstraße, einst das hässlichste Gebäude der Stadt, jetzt frisch saniert, wurde sogar angestrahlt!

Unterdessen stand es bereits 2:0. Aber nach langem Umherirren, am Ende der Schlesischen Straße, fanden wir noch eine Herberge: die Hostelbar! Die „Fabrik“! Hier gab es, unter vielen fußballuninteressierten, dafür rauchenden jungen Erwachsenen, noch einen Platz für uns. Es lebe der Tourismus. RENÉ HAMANN