Familienduell im Abstiegskampf

HANDBALL Wenn Daniel Brack heute mit der TSV Hannover-Burgdorf um den Klassenerhalt kämpft, muss er auch seinen Vater besiegen

„Bei aller Freundschaft: Das ist Profisport. Ich will alles tun, um zu gewinnen“

Daniel Brack, Sohn

Sein Beruf, und das hat nicht nur mit den vielen Fouls zu tun, bringt jede Menge Härten mit sich. Als Handballprofi begegnet Daniel Brack ständig guten Freunden und Bekannten, aus denen in den Spielen der 1. Bundesliga Feinde werden. „Abstiegskampf gegen Freunde, das ist manchmal schon paradox“, sagt der 28-Jährige.

Als Aufbauspieler wird er von der TSV Hannover-Burgdorf dafür bezahlt, Lücken in des Gegners Abwehr zu finden, Fehler eiskalt zu bestrafen und Tore in Serie vorzubereiten. Aber wenn Daniel Brack heute (20.15 Uhr) mit seinem Team in der Partie bei HBW Balingen-Weilstetten um den Klassenerhalt kämpft, muss er sogar seinen Vater besiegen. Balingens Trainer heißt Rolf Brack und hat dem kleinen Daniel einst beigebracht, wie man die Abwehr des Gegners austrickst.

Der Spielplan hat es mit Familie Brack in diesem Jahr gar nicht gut gemeint. Weihnachten wurde getrennt gefeiert, weil Vater und Sohn mit ihren Vereinen am Ball waren. Und wenn Daniel Brack heute in der Stuttgarter Porsche-Arena auf seinen Lehrmeister trifft, bleibt auch nur wenig Zeit für Freundlichkeiten. Im Duell der beiden Aufsteiger darf sich keiner eine Blöße geben. Burgdorf und Balingen müssen Punkte sammeln, um der 1. Liga erhalten zu bleiben. Deshalb kennt Daniel auch keine falsche Bescheidenheit, wenn es darum geht, den Vater zu bekämpfen. „Bei aller Freundschaft: Das ist Profisport. Ich will alles tun, um zu gewinnen“, sagt Daniel, der unter der Regie seines Vater in der vergangenen Saison noch einer der besten deutschen Bundesliga-Torjäger war. Für Heimweh ist im bezahlten Handball kein Platz. Vielleicht kommt heute sogar ein wenig Wut ins Spiel. Der Vertrag von Daniel, der sein Glück schon beim TV Großwallstadt und den Berliner Füchsen versucht hat, war in Balingen im Sommer nicht verlängert worden. „In der alten Heimat zu spielen, wo man dich nicht mehr haben wollten, ist immer hart. Aber Daniel ist mental sehr stark“, sagt Burgdorfs Trainer Frank Carstens, der seinen neuen Schützling deshalb auch als besondere Waffe einsetzen möchte.

Keiner weiß über das Balinger Spielsystem besser Bescheid. „Daniel kann unsere Abwehr sehr gut lesen“, sagt auch Rolf Brack. Von klein auf hat der Sportwissenschaftler mit seiner Familie selbst am Küchentisch nur über Handball philosophiert. „Mit meiner Mutter kann man auch konstruktive Gespräche ohne sportlichen Inhalt führen. Mit meinem Vater im Grunde nicht“, sagt Daniel.

Die Begegnung Burgdorf gegen Balingen ist eine Partie voller Emotionen. Es scheint aber dem Vater, der für den Erfolg seines Teams sogar Foulspiele gegen seinen Sohn anordnen müsste, vorbehalten zu bleiben, die Dinge mit Gelassenheit zu betrachten. Rolf Brack weiß, dass es neben dem Kampf um den Klassenerhalt auch um die Frage geht, wie sich Daniel aus seinem Schatten spielt und in der Bundesliga durchsetzt.

Die Burgdorfer haben sich mehrere Profis aus dem Ausland eingekauft, auf der Position des Spielmachers gibt es bei ihnen starke Konkurrenz. „Deshalb wäre es mir am liebsten, dass wir mit Balingen die Partie gewinnen und Daniel dabei trotzdem ein richtig gutes Spiel macht“, sagt Rolf Brack.

Dass eine Heimniederlage gegen Hannover-Burgdorf und den eigenen Sohn auf lange Sicht seinen Job als Trainer gefährden kann, sagt er lieber nicht. CHRISTIAN OTTO