STADTPLANUNG: Konsumieren statt Innehalten

Der Bebauung des Bahnhofsvorplatzes stimmte der Beirat mit großer Mehrheit zu. Für die Forderung nach noch mehr Mitbestimmung und Grün ist kein Platz.

So soll der Bremer Bahnhofsvorplatz in Zukunft aussehen Bild: Büro Max Dudler

Der Bebauung des Bahnhofsvorplatzes steht kaum mehr etwas im Wege: Der Beirat Mitte stimmte dem Bau zweier Geschäftshäuser auf dem "Investorengrundstück" mehrheitlich zu - unter Protest der Linkspartei und Teilen des Publikums. Die forderten mehr Zeit für die Mitbestimmung der BürgerInnen und einen Ideenwettbewerb.

Der Saal der Arbeitnehmerkammer war am Montagabend so voll, dass gar nicht alle einen Sitzplatz bekamen. Zur Sondersitzung des Stadtteilparlaments war dabei neben lokaler Politprominenz auch der als "Star-Architekt" gehandelte Max Dudler angereist. Die Bebauungsgegner konnte er so wenig besänftigen wie Senatsbaudirektor Franz-Josef Höing, der sich für die kultivierte Debatte und die kritischen Stimmen bedankte. Erhitzt versuchten die KrtikerInnen bis zum Schluss, die Zustimmung des Beirates abzuwenden. Denn für den Bahnhofsvorplatz hätten sie sich nicht nur Verbesserungen am ursprünglichen Entwurf gewünscht, sondern einen Park, eine Grünfläche - oder zumindest eine grundsätzliche Debatte darüber, was mit diesem Platz geschehen solle. Dafür aber sei keine Zeit gewesen, sagte Jörg Windszus, Beiratsmitglied der Linkspartei. "Das Ortsamt hat das Projekt mit Vehemenz vorangetrieben. Es ging nie um die Vor- und Nachteile, sondern immer nur darum, öffentliche Akzeptanz zu schaffen", so Windszus. Zumindest am Montag ist das nur teilweise gelungen.

"Einen Platz zum Innehalten" wünschte sich eine Bürgerin aus dem Ostertor. Eine ältere Dame führte aus, dass es einen Unterschied gäbe zwischen den privaten Interessen eines Investors und den allgemeinen Interessen der Öffentlichkeit. Dafür erntete sie mildes Lächeln von der einen Hälfte des Saals, Beifall von der anderen. "Wie viele Hotels wollen wir noch?", fragte sie. Und verwies auch auf den Leerstand in den umliegenden Bürogebäuden sowie das Beluga-Gebäude am Teerhof. "Das wird ja bald frei." Dafür immerhin gabs Lacher aus beiden Lagern. Ein Mann aus der Piratenpartei sprach von "grünem Beton" und einer "Shoppingmall". Dem widersprach Beirat Michael Rüppel (Grüne): "Alle Geschäfte sind von Außen zugänglich." CDU-Frau Viola Mull sah zwar Gefahr der Konkurrenz für die Geschäfte in der Sögestrasse, doch am Ende stimmt sie dennoch zu. Lob kam von Michael Frenz, Präsident der Architektenkammer. Sein Kollege Florian Kommer ermutigte gar den Beirat, das Projekt selbstbewusster zu befürworten.

Anfang April waren dort die Pläne des Investors - der Achim Griese Treuhandgesellschaft - vorgestellt worden. Räume für Büros, Arztpraxen, Hotels und Gaststätten sollen entstehen. Ortsamtsleiter Robert Bücking (Grüne) sagte, man habe sich zu einer schnellen Entscheidung noch vor den Wahl entschlossen - zumal die Investoren bereits auf der Suche nach Mietern seien. "Diesmal sollte nichts schief gehen."

Den ursprünglichen Entwurf, der ein Gebäude mit geschlossener Passage vorsah, hatte Architekt Dudler nach öffentlicher Kritik korrigiert. Nun soll eine Gasse zwischen zwei getrennten Häusern die Sicht auf den Bahnhof und ungehinderten Durchgang ermöglichen. Für die Mehrheit des Beirates ist dies eine wesentliche Verbesserung.

Die Gebäude schlössen die Baulücke zwischen Bahnhof und Innenstadt und hätten ein fortschrittliches Energiekonzept, heißt es in dem Beschluss. Für Einzelflächen solle im Kaufvertrag eine Obergrenze festgelegt werden, um die Nutzung als Einkaufszentrum zu verhindern. Ebenso sollten Räume für ein gemeinnütziges Projekt vorgehalten werden. Für die Skater und die Suppenküche solle ein anderer Ort gefunden werden.

Nach dem Beschluss des Beirates wird der Haushalts- und Vermögensausschuss des Parlamentes über den Verkauf des Grundstück entscheiden - auf seiner ersten Sitzung nach der Wahl. Aus dem Haus des Investors hieß es: "Wir warten in aller in Ruhe die Wahl ab und sind positiv gestimmt."

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