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Nach Berichterstattung der "taz"Gefangener aus Isolation entlassen

Ein Gutachten bescheinigt einem Gefangenen nach 16 Jahren Isolationshaft seine Ungefährlichkeit. Die "taz" hatte den Fall öffentlich gemacht.

16 Jahre isoliert von allem: Günter Finneisen (r.). Bild: dpa

BERLIN taz | Der Gefangene Günther Finneisen ist aus der Isolationshaft entlassen und in den Normalvollzug der JVA Rosdorf verlegt worden. Der ehemalige Gefängnisausbrecher war rund 16 Jahre in völliger Abschottung von anderen Häftlingen in einem Hochsicherheitstrakt der JVA Celle isoliert worden. Die taz hatte den Fall öffentlich gemacht, der von Kriminologen und Experten der Branche als beispiellos und als "Folter" qualifiziert worden war.

In einem Brief der JVA Rosdorf heißt es jetzt, die Verlegung von Finneisen basiere auf der "Grundlage eines externen fachpsychiatrischen Gutachtens aus der Sicherheitsstation der JVA Celle". Darin heißt es, eine Gefährlichkeit für andere Gefangene sei bei Finneisen nicht anzunehmen, "zumal derartige Vorfälle auch in der Vergangenheit nicht bekannt seien".

Weiter steht dort, das "Ausmaß einer Fluchtgefahr sei bei Herrn Finneisen wesentlich abhängig von seiner Perspektive". Die war während der Isolation nicht gegeben. Dennoch hatten die zuständigen Justizminister des Landes Niedersachsen, zuletzt Bernd Busemann (CDU), die Isolation all die Jahre gebilligt. Begründet worden waren die drakonischen Maßnahmen stets mit Finneisens besondere Gefährlichkeit und seiner Fluchtgefahr.

Künftig soll Finneisen auch der Aufschluss auf der Station gestattet werden. Erst drei Monate vor seiner Entlassung sollen ihm schließlich Ausgänge unter Begleitung von Beamten angeboten werden.

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4 Kommentare

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  • P
    pekerst

    "Darin heißt es, eine Gefährlichkeit für andere Gefangene sei bei Finneisen nicht anzunehmen, 'zumal derartige Vorfälle auch in der Vergangenheit nicht bekannt seien'." Es handelt sich bei 'zumal...' um ein Zitat, also wird im Originaltext ganz sicher "sind" stehen.

  • J
    jimmygjan

    man sollte die verantwortlichen Beamte und vor allem Politiker, die eine derartige "Isolationsfolter" in menschenverachtender Weise zu verantworten haben strafrechlich ebenfalls zur Verantwortung ziehen!!!!

  • P
    Peter

    "eine Gefährlichkeit für andere Gefangene sei bei Finneisen nicht anzunehmen"

     

    Nein, denn nach 16 Jahren Isolation wird Herrn Finneisens Gehirn wahrscheinlich nicht mehr als eine breiige Masse sein. Ich bezweifle das der Mann sich überhaupt noch vernünftig artikulieren kann, von sozialer Interaktion ganz zu schweigen.

     

    Das sowas in Deutschland geschieht ist ein Skandal!

    Die Verantwortlichen gehören vor ein Gericht gestellt!

  • CC
    Christian Christou

    ein schwarzer tag für die demokratie und ein fall von jahrelanger demütigung und folter...auch in deutschland wird noch gefoltert...