Bahn unterwegs nach Hamburg

Senat verhandelt über Umzug des Hauptsitzes von der Spree an die Elbe. Zugleich würden große Teile von Hochbahn und HHLA an Mehdorn & Co. verkauft. Der neue Anteilseigner soll Investitionen und eine Expansion des U-Bahn-Betreibers ermöglichen

von Gernot Knödler

Der Senat will Hamburg zum Logistikzentrum der Nation machen. Wie Bürgermeister Ole von Beust (CDU) gestern mitteilte, verhandelt er seit Wochen mit der Deutschen Bahn über einen Umzug des bundeseigenen Unternehmens an die Elbe. Außerdem soll die Bahn bei der Hamburger Hochbahn (HHA) und der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) einsteigen und dort den Spielraum für Investitionen erweitern. Die Erlöse will der Senat in den öffentlichen Nahverkehr und den Hafen stecken.

Die Hoffnungen, die der Senat in die angestrebte Kooperation setzt, sind groß. „Damit könnte man der bedeutendste Logistikstandort Europas werden“, zitierte Finanzsenator Wolfgang Peiner Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (beide CDU). Das geplante Geschäft sei ein Beispiel dafür, dass der Senat „nicht nach Kassenlage“ privatisiere, sondern mit Blick auf die strategischen Interessen der Hamburger Wirtschaft, sagte Peiner.

Mit dem Umzug der Bahn könnte Hamburg sein Image als Wirtschaftsstandort aufpolieren, nachdem es in jüngerer Zeit mehrere Unternehmenszentralen verloren hat – unter anderem HEW und Universal an Berlin. In einem Ranking der Wirtschaftsstandorte ist die Stadt deshalb unlängst zurückgestuft worden. Die Bahn würde im Falle eines Umzuges sogar ein neues Verwaltungsgebäude bauen, spekulierte von Beust. Anbieten würde sich der Hühnerposten am Hauptbahnhof, die Hafencity und der Altonaer Bahnhof.

Der HHLA würde eine Beteiligung der Bahn helfen, die enormen Investitionen der kommenden Jahre zu schultern. Die Rede ist von einer Milliarde Euro, die nötig seien, wenn das Unternehmen die erwarteten zweistelligen Wachstumsraten im Containerumschlag nicht verschlafen will.

Die Hochbahn könnte sich mit Hilfe der Bahn bundesweit um ausgeschriebene Nahverkehrsdienstleistungen bewerben. Das Unternehmen hat sich auf den Wettbewerb in der Branche vorbereitet und rechnet sich daher gute Chancen für Aktivitäten andernorts aus. Es könne jedoch „nicht Aufgabe der Hamburger Steuerzahler sein, eine Expansion der Hochbahn im öffentlichen Nahverkehr anderswo zu finanzieren“, sagte Peiner. Das Geld der Bahn käme dafür gerade recht.

Für diese wäre der Umzug ein weiterer Schritt weg vom Eisenbahnunternehmen hin zu einem internationalen Transport- und Logistikkonzern. Geld verdient die Bahn vor allem mit dem internationalen Logistik- und Transportgeschäft ihrer Frachttöchter Stinnes und Schenker. Gerade erst kaufte sie für fast eine Milliarde Euro den US-Konzern Bax Global hinzu und rückte damit in die Weltspitze der Logistikunternehmen auf. Für den internationalen Wettbewerb könnte Hamburg – aus Sicht der Bahn ein „traditionell gewachsener und damit geradezu natürlicher Standort“ der weltweiten Logistik – eine gute Wahl sein.

Bahnchef Hartmut Mehdorn zufolge böte eine Zusammenarbeit „im Güterverkehr die große Chance, die Forderung nach mehr Transporten auf der Schiene zu erfüllen“. Schon heute wird ein großer Teil der Container, die in Hamburg an Land gehen, per Bahn abtransportiert. Die HHLA betreibt eine eigene Containerbahn nach Polen und Russland (Polzug) und eine Pendelzugverbindung nach Lübeck.

Bürgermeister Ole von Beust (CDU) sprach gestern von einer „strukturellen Weichenstellung, wie es sie für die Stadt seit zehn Jahren nicht gegeben hat“. Ob es dazu kommt, hängt allerdings davon ab, dass die Verhandlungen über den Kaufpreis und das Kooperationsmodell zu einem Abschluss kommen. Außerdem ist grünes Licht auf bundespolitischer Ebene nötig. Ob sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) schon festgelegt habe, wurde von Beust gefragt. „Weil sie klug ist, hält sie sich zurück“, antwortete der Bürgermeister.

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