berlin und die bahn
: Schluss mit der Gutsherrenart!

Erst Samsung in Oberschöneweide, dann die Baumaschinenfirma CNH in Spandau, und nun das: Die Bahn AG verlässt Berlin. Zumindest große Teile der Hauptverwaltung werden von der Hauptstadt nach Hamburg ziehen. Keine gute Voraussetzung für die Landes-SPD, heute auf ihrem Parteitag über das Thema Wirtschaft und Arbeitsplätze zu diskutieren.

Kommentar von UWE RADA

Es sei denn, die Genossen und Genossinnen nutzen die Gelegenheit, um darüber zu reden, ob das Argument mit den Arbeitsplätzen das alleinige Kriterium der Politik sein kann. Gerade die Bahn AG wäre dafür ein gutes Beispiel. Schließlich verband den Monopolisten mit der Stadt noch nie ein Liebesverhältnis. Vielmehr herrschte die Bahn in Berlin nach Art eines Gutsherrn, und Bahnchef Mehdorn fühlte sich darin noch unterstützt von seinem Männerfreund Gerhard Schröder. Das ist nun zu Ende. Das hat auch sein Gutes.

Denn nun können all jene Fragen noch einmal auf den Tisch, die in Anwesenheit des Gutsherrn lieber verschwiegen wurden: Warum braucht Berlin einen Megabahnhof wie den Lehrter Hauptbahnhof, den keiner braucht? Warum wird der Bahnhof Zoo vom ICE-Netz genommen, obwohl damit auch die gesamte City West abgehängt wird? Warum verspricht die Bahn, am Bahnhof Papestraße einen Vorplatz zu bauen, weiß aber hinterher nichts mehr davon? Und warum agiert eine Bahntochter bei der Entwicklung ihrer Grundstücke, als gäbe es in dieser Stadt nur sie selbst, nicht aber Bezirksämter und andere Planungsbehörden?

Wer in der Vergangenheit den zuständigen Verwaltungen solche Fragen stellte, bekam meist ein „Sie wissen doch …“ zu hören. Es sollte wohl heißen: „Sie haben Recht, aber bedenken Sie, die Bahn hat auch viele Arbeitsplätze in die Stadt gebracht.“

Dieses Argument gilt nun nicht mehr. Jetzt liegt es am Regierenden Bürgermeister und dem Senat, zu zeigen, wer in Berlin das Sagen hat.