Energetische Sanierung: Bund beschenkt Vermieter
Der Bundestag verabschiedet ein Gesetz zur energetischen Sanierung, das Vermietern reichlich Geld bringt. Berliner Mieter dürften die Folgen empfindlich spüren.
Der Bundestag hat am Donnerstag ein Gesetz zur energetischen Modernisierung verabschiedet, das vielen Berliner Mietern Sorgen bereiten dürfte. Demnach können Eigentümer weiterhin bis zu 11 Prozent der Sanierungskosten auf ihre Mieter abwälzen. Weil das Gesetz zusätzlich Steueranreize vorsieht, dürfte es vielerorts bald losgehen mit den Bauarbeiten. Rot-Rot fordert schon seit Ende 2010 und bislang vergeblich im Bundesrat, dass Mieter nur mit 9 Prozent der Kosten belastet werden dürfen.
"Da wird eine enorme Investitionssumme in die Hand genommen, ohne dass sie sich auf die Miethöhe auswirkt", kritisierte der Vorsitzende des Berliner Mietervereins, Reiner Wild, gegenüber der taz. Dem Gesetz zufolge gehen den öffentlichen Haushalten bis zu 1,5 Milliarden Euro durch die Steuervorteile verloren. Wild sagte, das sei nichts anderes als eine staatliche Förderung nach dem Gießkannenprinzip. "Wir bräuchten aber eine gezielte Förderung zur Sanierung bestimmter Objekte." Einseitig Mieter zu be- und Eigentümer zu entlasten, sei falsch. Er schlug vor, etwa mit Mitteln aus der Städtebauförderung Altbauten zur Sanierung auszuwählen.
Nach Berechnungen des Mietervereins steigt die Miete nach einer energetischen Sanierung - bessere Dämmung von Wänden und Decken, dichtere Fenster, bessere Heizung und Sonnenkollektoren - unterm Strich um 1 Euro pro Quadratmeter. Die Investitionsbank Berlin (IBB) weist solche generellen Aussagen zurück. Die Höhe der Mietbelastung hänge sehr von der Einzelmaßnahme ab, sagte ein Sprecher. Es könnte weniger, aber auch deutlich mehr als 1 Euro pro Quadratmeter sein.
Auch von der Industrie- und Handelskammer kam vorsichtige Kritik. "Eine Mieterstadt wie Berlin steht da vor Schwierigkeiten", sagte der Bereichsleiter Umwelt, Henrik Vagt. Das Gesetz könne zwar dazu beitragen, den "Sanierungsstau" bei Gebäuden aufzulösen, und steuerliche Anreize seien eine entsprechende Möglichkeit. Die Kammern sähen solche Modell indes grundsätzlich kritisch, weil das Steuersystem überfrachtet werde. Vagt verwies auf einen Entwurf, den die IHK unlängst gemeinsam mit Mieterverein und Umweltverbänden entwickelt hatte - als Alternative zum geplanten Klimaschutzgesetz des Senats, das im November scheiterte. Dieses Modell sah vor, die Sanierungsziele über mehrere Stufen zu erreichen, Unternehmer den Weg dorthin frei wählen zu lassen und Härtefälle bei Mietern sozial abzufedern. Mietervereins-Chef Wild hofft nun darauf, dass die Länder das Gesetz ablehnen. Am Freitag kommender Woche steht die geplante Neuregelung im Bundesrat zur Abstimmung. Eine Zustimmung der Länderkammer ist aber nur bei der steuerlichen Förderung der Gebäudesanierung erforderlich.
Die Umweltverwaltung des Senats äußerte sich am Donnerstag zurückhaltend. "Der Senat wird sein Abstimmungsverhalten erst am Dienstag festlegen", sagte eine Sprecherin von Senatorin Katrin Lompscher (Linke). Aber der Senat sehe das Gesetz kritisch wegen der zu erwartenden Belastungen für Mieter.
Berlin strebt an, Mieter mit maximal 9 Prozent der Kosten zu belasten. Das Land hatte dazu bereits im November vergangenen Jahres eine Bundesratsinitiative gestartet, über die noch nicht entschieden ist. "Die Beratungen über den Gesetzentwurf wurden vertagt, damit eine Beratung im Zusammenhang mit dem angekündigten Gesetzentwurf der Bundesregierung ermöglicht wird", antwortete Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) auf eine Anfrage des Abgeordneten Uwe Doering (Linkspartei).
Lompscher hatte ihr Klimaschutzgesetz offiziell an dem absehbaren, nun beschlossenen Bundesgesetz scheitern lassen.
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