Afrikanischer Pop

Der Spätsommer geriet heiß in Großkarlbach. „Afropop mit Jazz, entspannter Reggae, sinnliche Rumbarhythmen und französischer Rap, kurz: Weltmusik made in Kinshasa/Stuttgart“, gelangten zur Aufführung beim Sommerfest des örtlichen Kunst- und Kulturvereins. Vor dem Konzert, berichtete Die Rheinpfalz, war das Publikum in einem „einstündigen Schnupper-Workshop in afrikanischen Tanz“ eingewiesen worden. Sogar einige Männer hatten „sichtlich ihren Spaß bei Beckenkreisen, Brustakzenten und Stampfschritten“.

Außerhalb von Großkarlbach allerdings weiß man inzwischen, dass afrikanische Popmusik längst nicht mehr im Buschröckchen daherkommt, sondern sich an weltweiten Standards orientiert, seien es HipHop, Rock oder Techno.

Doch in dem Moment, in dem das reale Afrika durch die Musik schimmerte, interessiert es das westliche Publikum leider nicht mehr. Auch als pünktlich zur Zehnjahresfeier des Endes der Apartheid in den deutschen Medien der House-Hybrid Kwaito als Musik des neuen Südafrika gefeiert wurde, blieben kommerzielle Folgeerscheinungen seltsamerweise aus. Die südafrikanischen Superstars Mandoza und Zola erwiesen sich als nicht geeignet für eine globale Karriere, denn Kwaito war urbaner Pop und bediente keine verklärten Vorstellungen von Afrika.

Folglich besannen sich einschlägige Labels wieder auf die Vergangenheit. Unter Titeln wie „Golden Afrique“ (eine Reihe des Frankfurter Labels Network) verklären sie vor Jahrzehnten verklungene Grooves zum goldenen Zeitalter. Das moderne Afrika ist in den alten Songs natürlich nicht zu finden. Ebenso wenig wie beim Sommerfest in Großkarlbach.

THOMAS WINKLER ist Musik- und Sportjournalist der taz