Film über die SPD: Gabriels Schlafstörungen
In einem Berliner Kino beobachtet SPD-Parteichef Sigmar Gabriel, was er in den vergangenen 18 Monaten als Parteichef so alles gemacht hat.
BERLIN taz | Sigmar Gabriel fragt sich manchmal, wer sich für die SPD noch interessiert, es ist eine Art Leitfrage seiner Amtszeit als SPD-Parteichef. Am Freitagabend sitzt er in Reihe 10 des Kinos Babylon in Berlin-Mitte und stellt die Frage laut: "Wer guckt sich 90 Minuten über eine Partei an - da muss man doch Schlafstörungen haben."
Der Publizist Lutz Hachmeister hat die Dokumentation "Sozialdemokraten - 18 Monate unter Genossen" über die Selbstfindung der SPD nach der Bundestagswahlniederlage 2009 gedreht, an diesem Abend ist die Uraufführung. Es ist ein Film, der sehr nah an Gabriel dran ist.
Hachmeister begleitet den SPD-Chef ins Parteipräsidium, in den Wahlkreis und auf Parteitage. Er spricht mit Spitzensozialdemokraten, auch mit Exkanzler Gerhard Schröder und Wolfgang Clement. Immer geht es um die Frage, die auch Gabriel noch nicht endgültig beantworten kann: Wohin steuert die SPD?
Hachmeisters Film ist ein "Special-Interest-Film", eigentlich kann ihn nur jemand interessant finden, der direkt mit der SPD zu tun hat. So ist auch das Publikum an diesem Abend zusammengesetzt. Parteileute und Journalisten verfolgen mit Gabriel die Reise durch seine Amtszeit, viele der Beobachter finden sich redend oder rauchend in einem Schnittbild wieder.
Für Gabriel ist der Film schmeichelhaft. Er weckt unterschwellig Verständnis für die Strapazen des Parteichefs, der gut gelaunt überall auftauchen muss, ohne sich seine wahren Gemütszustände anmerken zu lassen. Im Film adelt Exkanzler Schröder Gabriel noch in einem Halbsatz. Er habe es schwer im Moment, aber wenn er diese Krise überstehe, könne er ein großer werden, sagt Schröder sinngemäß. Für Gabriel hat sich der Abend damit gelohnt.
Leser*innenkommentare
HANS NIX
Gast
Es hätte für so einen guten Filmer spannendere Themen gegeben als die SPD und Gabriel. Ein wenig Verständnis für Gabriel kann und sollte jeder haben, denn in gewisser Weise ist er ein Nachlassverwalter, ein Konkursverwalter oder wie ein Kapitän, der ein stolzes Schiff abgeben muss. Die Aufgabe ist nicht leicht und jeder weiß: Es geht schief, es gelingt nicht.
Er ist ein tragischer Held, aber eine andere Partei könnte es nochmals ermöglichen: Die SPD am Drücker. Nur leider freut sich darüber niemand, nicht mal in der eigenen Organisation, denn dort liegen Karrieristen im Dreifachpack und suchen nach dem Weg nach Oben. Den kann eine Partei aber nur im Gemeinsamen, im Konsens und in der Bündelung der Kräfte schaffen, insofern muss man irre sein, um an die SPD zu glauben.