Kettenraucher für Zypern

Es mag eine gute Nachricht für Zyperns Finanzlage sein, dass mit dem Konservativen Nikos Anastasiades ein Mann Präsident wird, der beste Kontakte zu Angela Merkel unterhält. Denn damit steigen die Chancen, dass die Mittelmeerinsel vor der Pleite bewahrt wird. Für die Brüsseler Gesundheitspolitiker dürfte die ungefährdete Wahl des 66-Jährigen am Sonntag dagegen einen Rückschlag darstellen. Denn Anastasiades ist Kettenraucher. Während überall in den Amtsstuben Zyperns ein striktes Rauchverbot gilt, kann man in den Büros von Anstasiades’ Disy-Partei immer noch nach Herzenslust qualmen.

Von Anastasiades, dem ein aufbrausendes Temperament nachgesagt wird, heißt es, er werfe bei Wutanfällen auch mit Aschenbechern. Ein begnadeter Redner ist er sicherlich nicht. Selbst bei Wahlkampfauftritten hält er sich an seinem Manuskript fest. Jedoch gilt der Mann als guter Analytiker – und das wird er künftig auch brauchen.

Denn Zypern steht vor der Pleite, weil sich seine Banken mit griechischen Staatspapieren verhoben haben. Ein Rettungskredit, den das Euroland schon im Juni letzten Jahres bei der EU beantragt hat, könnte bis zu 17,5 Milliarden Euro umfassen. Anastasiades’ Vorgänger im Präsidentenamt, dem linken Demetris Christofias, war es nicht gelungen, sich mit Brüssel über die Konditionen zu einigen. Da stehen die Chancen bei dem Neuen besser: Anastasiades ist bereit, entsprechend den Forderungen der Troika auch halbstaatliche Firmen zu verkaufen. Er hat im Wahlkampf eine rasche Einigung mit der EU versprochen.

Der neue Präsident Zyperns mag ein Verfechter der Marktgesetze sein, ein tumber Nationalist aber ist Nikos Anastasiades gewiss nicht. Als vor neun Jahren eine Volksabstimmung unter den griechischen Zyprioten zur Wiedervereinigung mit dem abtrünnigen Norden anstand, wagte er als einziger Parteichef, das Volk zu einem Ja zu dem UN-Plan aufzurufen. Er trotzte allen „Verräter“-Rufen und ging lieber mit fliegenden Fahnen unter, als sich eine deutliche Mehrheit gegen den Plan aussprach. Damals sah es so aus, als sei seine Karriere beendet. Jetzt ist es Anastasiades gelungen, sich seinen Traum, Staatschef zu werden, zu erfüllen. KLAUS HILLENBRAND