Streiks der Versicherungsangestellten: Samstagsarbeit statt Lohnerhöhung

Tausende Angestellte streiken bundesweit gegen die Tarifpläne der Versicherungsbranche. Die Arbeitgeber kündigen bereits einen neuen Verhanldungstermin an.

Bundesweiter Streiktag: Auch in Berlin legten Mitarbeiter des Ergo-Konzerns ihre Arbeit nieder. Bild: dpa

HAMBURG taz | Tausende Versicherungsangestellte legten am Freitag pünktlich zum Dienstbeginn ihre Arbeit nieder. Der Streik richtet sich gegen Vorschläge von der Versicherungsseite in der seit März laufenden Tarifrunde, die nach Meinung der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi auf eine "Verschlechterung der Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten" hinauslaufen.

7.700 Angestellte folgten dem Streikaufruf bundesweit. Bereits im Juni hatten mehr als 10.000 Beschäftigte die Arbeit niedergelegt.

"Die Branche weist gute wirtschaftliche Erfolge auf und die Beschäftigten haben mit ihrer Arbeit an dieser erfolgreichen Situation beigetragen", sagte Verdi-Landesfachbereichsleiter Berthold Bose am Freitag auf einer der Kundgebungen in Hamburg. So stiegen die Beitragseinnahmen der Versicherungswirtschaft im vergangenen Jahr beachtlich um fast fünf Prozent auf 179,5 Milliarden Euro an. "Anstatt aber die Beschäftigten mit einer angemessenen Gehaltssteigerung an den Gewinnen zu beteiligen, sollen die Arbeitsbedingungen verschlechtert werden", sagte Bose.

Silvester und Heiligabend sollte nicht mehr frei sein

Eigentlich sollte es in dieser Lohntarifrunde nur ums Geld gehen. Doch die Versicherer versuchen, den Manteltarifvertrag zu lüften, so der Vorwurf aus der Sicht der Gewerkschaften. So sei zunächst die Streichung der arbeitsfreien Tage Heiligabend und Silvester sowie die Ausweitung von Samstagsarbeit gefordert worden. "Die Arbeitgeber provozieren diesen Streik, weil sie auch nach drei Verhandlungsrunden nicht bereit sind, sich von ihren Vorbedingungen an die Gehaltsrunde zu verabschieden", kritisierte Verdi-Verhandlungsführerin Beate Mensch in Berlin.

Auch nach einem Sondierungsgespräch hätte die Gegenseite keine Nachsicht in den strittigen Punkten gezeigt. Verdi fordert eine Anhebung der Gehälter um sechs Prozent, mindestens aber um 150 Euro. Die Unternehmen bieten für ihre rund 160.000 Innendienst-Angestellten bislang lediglich zwei Prozent mehr Lohn ab Oktober und wünschen sich im Gegenzug eine überlange Laufzeit von 33 Monaten.

"Es ist völlig unverständlich, warum die Arbeitgeber, deren Branche gute wirtschaftliche Erfolge aufweist, sich nicht hinter die Beschäftigten stellen", rätselt Verhandlungsführerin Beate Mensch.

Das sieht die Versicherungsbranche natürlich anders. Ein Sprecher des Arbeitgeberverbandes AGV gibt zwar auf Anfrage zu, dass die Versicherungsbranche - anders als die Banken - unter der Krise kaum gelitten habe, aber "andere Branchen boomen stärker". Vor diesem Hintergrund sei der Vorschlag der Versicherungswirtschaft "sehr gut für ein erstes Angebot" gewesen. Auf dieser Basis könne man weiter verhandeln.

Schlechtere Bedingungen für neu Eingestellte

Die Strategie der Arbeitgeberseite läuft darauf hinaus, vor allem bei Neueinstellungen die Bedingungen zu verschlechtern. Die Arbeitsbedingungen sollen langfristig profitabler gestaltet werden. Dafür scheint man zu relativ großzügigen Lohnerhöhungen bereit. So hatte Verdi bei privaten Banken und Ortskrankenkassen letztlich Abschlüsse deutlich unter der Zwei-Prozent-Marke akzeptiert.

Möglicherweise hat der Streik bei den Versicherern aber auch schon Eindruck hinterlassen. Sie kündigten an, Montag oder Dienstag einen neuen Verhandlungstermin mit der Gewerkschaft Verdi bekannt zu geben.

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