Anti-Islam-Hetze auf PI-News: "Nicht einheitlich verfassungswidrig"
Das einflussreiche Blog "Politically Incorrect" wird im Bericht des Verfassungsschutzes weiterhin ausgespart. Die Voraussetzungen für eine Aufnahme seien nicht gegeben.
FREIBURG taz | Die Szene der radikalen Islamfeinde ist kein offizielles Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes. "Wir haben die Szene zwar im Blick, aber die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Aufnahme in den Verfassungsschutzbericht sind nicht erfüllt", sagte eine Sprecherin des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV) der taz.
Im Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2010 wird Islamkritik an zwei Stellen ausdrücklich erwähnt. So heißt es im Kapitel zur NPD, sie rücke die Agititation gegen den Islam zunehmend ins Zentrum ihrer Kampagnen. Auch versuche sie, das Sarrazin-Buch "Deutschland schafft sich ab" für eigene Zwecke zu nutzen, ohne sich inhaltlich damit auseinanderzusetzen. Die "Islamkritik" und Sarrazins Thesen werden also nicht als Problem geschildert, sondern als von der NPD benutztes Thema.
Als "Verdachtsfall" für verfassungswidrige Bestrebungen werden immerhin die Organisationen Pro Köln und Pro NRW aufgeführt. Erwähnt wird zum Beispiel ein Antiminarettkongress im Jahr 2009.
Unerwähnt hingegen bleibt das Zentralorgan der deutschen Islamfeinde, das Blog "Politically Incorrect" (PI). Aus einer vermeintlichen Verteidigungshaltung heraus warnt PI vor einer "sich ankündigenden religiösen Diktatur in Deutschland". Das einflussreiche Blog wird täglich rund 60.000-mal angeklickt. Auf seiner Homepage werden bundesweit 52 "PI-Gruppen" aufgeführt.
"PI ist nicht rechtsextremistisch", erklärt der Verfassungsschutz. Schließlich sei das Blog proisraelisch, proamerikanisch und bekenne sich nachdrücklich zum Grundgesetz. Seit dem Jahr 2002 gehört es zwar auch zu den Aufgaben des Verfassungsschutzes, Bestrebungen "gegen den Gedanken der Völkerverständigung" zu beobachten. Die Hetze gegen Muslime in Deutschland sei damit aber nicht gemeint, zumal Muslime auch keinem einheitlichen Volk, sondern einer Religion angehörten. Beobachtet werden auf dieser Grundlage aber zum Beispiel deutsche islamistische Gruppen, die im Ausland, etwa im Nahostkonflikt, Gewalt propagieren.
Bleibt für den Verfassungsschutz die Frage, ob PI gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung agitiert. Zu der einst vom Bundesverfassungsgericht definierten Grundordnung gehören unter anderem die Grundrechte - auch die von hier lebenden Muslimen. "Es fehlt bei PI an einem einheitlich verfassungswidrig orientierten Personenzusammenschluss", so die Sprecherin der Behörde. Deshalb liege keine "Bestrebung" im Sinne des Verfassungsschutzgesetzes vor.
Und weil die Antiislamhetzer nicht vom Verfassungsschutz beobachtet werden, weiß dieser auch nicht, wie groß und gewaltbereit dieses Spektrum ist. Der Geheimdienst lässt sogar offen, ob er weiß, wer PI derzeit betreibt. "Wir wussten es", sagt die Sprecherin sybillinisch. Der PI-Gründer und Lehrer Stefan Herre hat die Seite im Jahr 2007 angeblich an unbekannte Personen im Ausland abgegeben.
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