Klage gegen Bremer Haushalt: CDU hält Neuverschuldung für illegal
Bremens Neuverschuldung beträgt dieses Jahr wieder über eine Milliarde. Ob Bremens Haushalt verfassungsmäßig ist, beriet gestern der Staatsgerichtshof
Seit den 1980er Jahren reichen die Einnahmen in Bremen nicht aus, um Ausgaben zu bezahlen. Weder SPD, große Koalition noch die derzeitige rot-grüne Regierung konnten dies ändern. Bremens finanzielle Lage ist prekär und das Land im Ländervergleich mit Abstand das Schlusslicht bei der Schuldenlast: 27.000 Euro Schulden pro Einwohner. Berlin auf dem zweitschlechtesten Platz hat 17.500 Euro Schulden pro Einwohner. Die aktuelle Konjunktur-Entwicklung könnte ein wenig Entlastung bringen: Die Steuereinnahmen der Bundesländer stiegen im ersten Halbjahr an, in Bremen um 5,8 Prozent. Eingeplant war eine Zunahme von 3,8 Prozent. Das könnte nun etwa 60 Millionen Mehreinnahmen bedeuten.
An der "extremen Haushaltsnotlage" wird das nichts ändern. Diese, so sieht es der Senat, erlaubt eine erhöhte Neuverschuldung: Um 431 Millionen Euro nimmt Bremen 2011 mehr Schulden auf als die Landesverfassung erlaubt, denn so hoch übersteigt die Neuverschuldung die Investitionsausgaben. Das ist laut Landesverfassung nur ausnahmsweise erlaubt, um "Störungen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts" abzuwehren. Auch als ein CDU-Finanzsenator verantwortlich war, wurde so gehaushaltet. Trotzdem halten CDU und FDP den rot-grünen Haushalt 2011 für verfassungswidrig und haben Klage eingereicht. Am Mittwoch nun wurde vor dem Staatsgerichtshof darüber verhandelt.
Anzweifeln wollte der Anwalt von CDU und FDP, Kyrill Schwarz, die schwierige finanzielle Lage Bremens nicht. In der Debatte um den Haushalt für das Jahr 2011 aber sei die extreme Haushaltslage nicht ausführlich dargelegt worden und den Abgeordneten der Bürgerschaft nicht ausreichend Informationen vorgelegt worden, erklärte Kläger Thomas Röwekamp.
Dabei war der CDU-Fraktionschef selbst jahrelang Vorsitzender des Haushaltsausschusses. Wie das zusammenpasse, fragte einer der Richter spitz. Anwalt Schwarz betonte, der Bremer Senat dürfe sich nicht "gewohnheitsmäßig" auf eine extreme Haushaltsnotlage berufen, es bestehe eine "Darlegungspflicht" gegenüber dem Parlament. Bremens Jurist Johannes Hellermann entgegnete, die extreme Haushaltsnotlage sei regelmäßig Thema in den Ausschüssen und Sitzungen der Bürgerschaft gewesen, es gebe umfangreiche Berichte zur finanziellen Lage.
Die Richter zeigten mehr Interesse an Widersprüchen zwischen Landes- und Bundesverfassung. Obwohl die im Grundgesetz festgeschriebene Schuldenbremse erst 2020 wirksam ist, könnte sie schon vorher auch juristisch an Bedeutung gewinnen und Artikel der Landesverfassung entkräften, die eine Kreditaufnahme zulassen.
"Heuchlerisch" nannte denn auch der Linkspartei-Abgeordneten Klaus-Rainer Rupp die Position der CDU. "Die Klage ist ein juristisches Sandkastenspiel, das gefährliche Folgen haben könnte", so Rupp. Drängender sei für ihn, wie staatliche Sozialleistungen bezahlt werden können, die ebenfalls in der Verfassung verankert sind.
Wann das Staatsgericht über die Verfassungskonformität des Haushalts entscheidet, ist noch nicht bekannt.
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