"SPD und FDP haben viel gemeinsam"

Der Bildungsforscher Daniel de Olano war Jungliberaler und FDP-Politiker. Nun vertritt er die SPD und sagt: "SPD und FDP haben mehr gemeinsam als viele glauben"

Daniel de Olano, Bildungsforscher und Parteienwechseler Bild: Miba

taz: Herr de Olano, Sie haben als junger Mensch fast zehn Jahre bei der FDP Politik gemacht. Dann haben Sie das Lager gewechselt. Wie fühlen Sie sich jetzt, nach Ihrem ersten Jahr als Mandatsträger für die SPD?

Daniel de Olano: Ich wurde herzlich aufgenommen und ich fühle mich sehr wohl in der Partei und auch in meinem Ortsverband. Dort kannten mich aber viele schon persönlich durch meine jahrelange Arbeit im Beirat...

... in dem Sie vorher für die FDP saßen. Ist Ihnen die ideologische Kehrtwende schwer gefallen?

33, wurde zu Zeiten der Militärdiktatur in Argentinien geboren und ist in Deutschland aufgewachsen. Der Politologe arbeitet als Bildungsforscher an der Universität. 1999 trat er der FDP bei, er wurde Mitglied im Bremer Landesvorstand und Referent in der FDP-Bürgerschaftsfraktion. Seit 2010 ist er Mitglied der SPD, für die er im Beirat Östliche Vorstadt sitzt.

Ich habe Politik nie ideologisch gesehen.

Haben Sie kein politisches Anliegen?

Doch, aber da gibt es natürlich Schwerpunktverschiebungen. Am Ende meines Studiums etwa habe ich im Supermarkt gearbeitet und gemerkt, was zum Beispiel der Ausbau der Leiharbeit für die Beschäftigten bedeutet.

Nämlich?

Dadurch und durch den Einsatz von Aufstockern wird steuerfinanziertes Lohndumping betrieben. Da staute sich bei mir eine gewisse Wut.

Das merkt man erst, wenn man im Supermarkt arbeitet?

Ich war vorher nicht naiv, und habe sozialpolitisch auch nicht in das übliche liberale Horn gestoßen. Ich war für Bildungspolitik zuständig und konnte dort auch linksliberale Impulse setzen. Gleichwohl: Wenn man eine Partei verlässt, dann ist das immer das Ergebnis eines Entfremdungsprozesses - persönlicher und inhaltlicher Art.

Was hat Sie denn bei der FDP fremdeln lassen?

Seit 2002 hat sich die Partei immer weiter von der Mitte wegbewegt. Sie ist zur reinen Steuersenkungspartei verkommen und bedient dabei anti-etatistische Stimmungen, die an die amerikanische Tea-Party-Bewegung erinnern. Auch die will den Staat so weit wie möglich zurückdrängen. Beim Bundestagswahlkampf 2009 wäre ich sowieso raus gewesen. Aussagen wie Westerwelles von der "spätrömischen Dekadenz" sind das Letzte.

Sie sprachen auch von persönlicher Entfremdung. Wodurch?

Zum einen die Atmosphäre in der Partei. Der 2007er-Wahlkampf war nicht schön. Danach wurde es nicht besser, die Fraktion hat einen ziemlichen Fehlstart hingelegt. Die waren sich nicht grün, das hat die ganze Partei in Mitleidenschaft gezogen.

Das klingt, als ob sich die FDP nur wegen persönlicher Antipathien zerlegt hätte.

Es ging ausschließlich um Machtfragen.

Dann sind Sie zur SPD gegangen. Warum nicht zur Linkspartei? Dort wird Wut über steuerfinanziertes Lohndumping gern gesehen.

Die Linkspartei macht sich zum Sprachrohr berechtigter Forderungen bestimmter sozialer Gruppen. Es wäre schön, wenn man das Geld hätte, sie zu erfüllen. Das haben wir aber nicht.

Es hätte auch noch andere Alternativen gegeben - aber nirgends so gute Aufstiegschancen.

Mein Wechsel war politisch motiviert. Und da hätte es nicht wirklich Alternativen gegeben. Die SPD und die FDP haben mehr gemeinsam, als viele Menschen glauben.

Ich bin gespannt.

Beide denken Politik vom Individuum aus - die Verhältnisse sollen sich dem Menschen anpassen, es geht um Teilhabemöglichkeiten.

Die FDP ordnet sozial Benachteiligte dem Standortwettbewerb unter. Auf Teilhabe wird da nicht viel gegeben.

Das ist ein Stück weit ein Vorurteil. Bei CDU und Grünen ist es jedenfalls so, dass sie den Menschen ihren übergeordneten Zielen anpassen wollen: Moral und Werte im Fall der CDU, Ökologie bei den Grünen. Grüne sind in vielen Bereichen konservativer.

Fühlen Sie sich in Ihrer freien Entfaltung beschränkt, wenn die Politik versucht, klimaschonendes Verhalten zu begünstigen?

Nein, das kann im Einzelfall alles richtig sein. Aber mir ist ein solcher Zugang zu Politik fremd.

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