Warnung vor Vertiefung: BUND will Weser retten

Die Pläne zur erneuten Ausbaggerung der Weser liegen ab heute öffentlich aus. Bremer Naturschützer wollen ihre Umsetzung verhindern - im Interesse der Stadt.

"Baggern bis die Nordsee kommt?" Das will der BUND verhindern : kawe

Mit einem kleinen Plakat kündigten 20 Aktivisten des BUND Naturschutz an der Teerhofbrücke gestern ein großes Ziel an: Die erneute Ausbaggerung der Unter- und Außenweser soll mit einer Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht verhindert werden. Immer größere Schiffe, immer mehr Ausbaggerung? "Irgendwann muss dieser fatale Mechanismus ein Ende haben", sagt Klaus Prietzel, der Vorsitzende der Naturschützer.

Kein Ort in Deutschland hat einen größeren Tidenhub als Bremen, 4,20 Meter sind das heute, und durch eine weitere Ausbaggerung kämen noch einmal zehn Zentimeter dazu. In Bremerhaven sind es nur 3,70 Meter. Vor der Kanalisierung des Flusses, die vor rund 120 Jahren begannen, waren Ebbe und Flut in Bremen kaum spürbar - vielleicht um 30 Zentimeter stieg der Fluss-Pegel an, weniger als bei starken Regenfällen. Heute drücken die Wasser bei Flut in das kanalisierte Weserbett hinein, bei Ebbe wieder hinaus. An vielen Stellen muss permanent nachgebaggert werden, an anderen reißen die Wassermassen Löcher in den Grund - vor Nordenham ist das Flussbett 20 Meter tief. Ein Drittel des Schlickes, das im Neustädter Hafen ausgebaggert wird, kommt direkt aus der Nordsee. "Da ist ein völlig instabiles System gebaut worden", sagt der Bremer Biologe Michael Schirmer.

Auch die Experten im Bremer Umweltressort sind strikt gegen diese Ausbaggerung, sagt Schirmer - trauen sich aber nicht, das laut zu sagen, weil die Hafenlobby und die SPD dafür sind. Bremen will die Vertiefung der Außenweser vor den Bremerhavener Containerterminals und kann sich dem niedersächsischen Interesse an der Unterweser daher nicht entgegenstellen.

Braucht die Hafenwirtschaft die erneute Ausbaggerung? Wenn sie die 50 Millionen Euro für die Unterweser selbst bezahlen müssten, würden die betroffenen Unternehmen das selbstverständlich als "unwirtschaftlich" ablehnen, sagt Prietzel. Doch für die Unternehmen ist das umsonst, zahlen müssen die Steuerzahler. "Aber wir brauchen das nicht," sagt Prietzel. Auch die Wasser- und Schifffahrtsdirektion (WSD) hat in ihrer Kosten-Nutzen-Abschätzung nicht die betroffenen Betriebe - es handelt sich nur um eine handvoll Unternehmen - als entscheidend angesehen, auch nicht die erwarteten Steuereinnahmen durch neue Arbeitsplätze, sondern die Vermeidung von CO2-Ausstoß bei Nutzung größerer Schiffe. "Wenn man ökologisch argumentiert, dann muss man das konsequent tun", sagt Martin Rode, BUND-Geschäftsführer, dazu. Hauptsächlich geht es bei der Vertiefung der Unterweser bis Brake darum, dass die Soja-Frachter aus den tropischen Anbaugebieten auf größeren Frachtern und rund um die Uhr voll beladen den Braker Hafen anlaufen können - für die Massentierhaltung der Region. Und wenn die WSD die 50 Millionen Euro, die Niedersachsen als Kompensationsmaßnahme für die Wesermarsch-Bauern ausgeben will, in ihre Kalkulation eingerechnet hätte, dann würde selbst die CO2-Minderung die Sache nicht wirtschaftlich machen. Ab dem Jahr 2012 gibt es zudem den Tiefwasser-Hafen in Wilhelmshaven, die wenigen Schiffe mit größerem Tiefgang können ohne Probleme dort entladen werden, sagt der BUND.

80 Prozent des Bremer Stadtgebietes liegt unter dem Meeresspiegel. Wenn der infolge des Klimawandels steigt, steigt der Wasserspiegel der Weser mit, weil die längst kein Fluss mehr ist, sondern ein Kanal. Eigentlich, so Schirmer, müsste es im bremischen Interesse liegen, über Renaturierung zu reden und nicht weiter auszubaggern.

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