Verlierer muntert den Erfolgstrainer auf

Die jungen Kölner Basketballer gewinnen knapp gegen Gießen. Zur Halbzeit hatten die Domstädter noch mit 14 Punkten Vorsprung geführt, im dritten Viertel brach das Team von Trainer Sasa Obradovic jedoch jämmerlich ein

KÖLN taz ■ Sasa Obradovic war nicht nach feiern zu Mute. Kopfschüttelnd marschierte der Coach von Basketball-Bundesligist RheinEnergie Köln am Samstagabend vom Parkett des Energy Domes. Mit keinem Blick würdigte der Serbe seine Spieler, die vor Freude hüpften und Handtücher in die Luft warfen, um ihren Sieg zu feiern: Mit 75:73 hatten die Kölner kurz zuvor den Liga-Konkurrenten Gießen bezwungen. Knapp war die Partie, erst in den letzten Sekunden waren den Kölnern die entscheidenden Punkte zum vierten Sieg im siebten Saisonspiel gelungen.

Obradovic war überhaupt nicht zufrieden mit dem Verlauf des Spiels. Zur Halbzeit hatten die Kölner noch mit 14 Punkten Vorsprung geführt, im dritten Viertel brach das Team jedoch jämmerlich ein: Sie leisteten sich Ballverluste, ungenaue Würfe, schlampige Abwehrarbeit. Plötzlich machten sie alles falsch, was ein Basketball-Team falsch machen kann. „Wir haben die Kontrolle verloren“, sagte Obradovic. „Das geht sehr einfach, wir waren nicht geduldig genug und haben den Gegner zum Fastbreak eingeladen.“ Gleichzeitig bat der 36-Jährige aber darum, man möge „Geduld“ mit seiner Mannschaft haben. „Sie sind alle sehr jung und müssen noch lernen.“ Auch der Coach selbst befindet sich noch in der Eingewöhnungsphase.

Alles ist neu in Köln: Der Klub, der in der vergangenen Saison zum dritten Mal in Serie im Playoff-Viertelfinale gescheitert war, hat seinen Jahres-Etat um zehn Prozent auf etwa drei Millionen Euro reduziert. Stars wie der deutsche Nationalspieler Marco Pesic oder der US-Amerikaner Bill Edwards bekamen keine neuen Verträge, dafür wurden viele noch unbekannte, junge Spieler verpflichtet, die meisten stammen aus den USA. Obradovic, der in der vergangenen Saison noch für RheinEnergie spielte und der Star im Team war, übernahm den Trainerjob. Zehn goldene Regeln für sein Leben als Coach stellte er auf, eine lautet: „Meine Spielerkarriere muss ich vergessen, ich darf keinen meiner Spieler mit mir vergleichen“.

Und genau dies fällt dem ehemaligen Ausnahmespieler Obradovic, der einst mit Jugoslawien Welt- und Europameisterschaft wurde, sichtlich schwer. Denn ausgerechnet seine Spielmacher-Position ist im Kölner Team nicht adäquat besetzt worden. Es fehlt ein Lenker, der die junge Mannschaft in schwierigen Momenten zusammen hält; einer, der wie Obradovic das Spiel kontrolliert. Der US-Amerikaner Darren McLinton, der als Playmaker eingekauft wurde, spielte am Samstag gegen Gießen so emotionslos wie in einem Trainingsmatch. Hätte Obradovic sich selbst eingewechselt, so hätte er den Part vermutlich aus dem Stegreif besser ausgefüllt als McLinton. Doch das ging ja nicht. Und so rastete Obradovic, der auch schon als Spieler immer mit sehr viel Temperament beeindruckt hatte, am Spielfeldrand einige Male aus. Ein technisches Foul kassierte er dafür, durch die verwandelten Freiwürfe ging Gießen in der 29. Minute zum ersten Mal in der Partie in Führung. „Ich muss auch noch lernen“, sagte Obradovic. Vielleicht wird er sich in Zukunft aber gar nicht mehr so heftig aufregen müssen. Sportdirektor Stephan Baeck deutete bereits an, dass dringend ein neuer Spielmacher gefunden werden muss.

Stefan Koch, Trainer der Gießen 46ers, hielt derweil einen Rat für Obradovic bereit: „Sasa“, sagte er auf der Pressekonferenz zu seinem missmutig blickendem Kollegen. „Du kannst als Trainer nicht alles kontrollieren. Ich weiß, es ist schwer, das zu lernen.“ Obradovic nickte, lächeln mochte er aber immer noch nicht. CHRISTIANE MITATSELIS