Niemand feiert Kevin Kuranyi

Der wenig populäre Schalker Stürmer reagiert trotzig auf seine zwei Treffer beim 2:1 gegen Bremen und freut sich über taktische Neuerungen: „Ich bekomme durch das neue System mehr Torchancen“

Das Management will mehr Tore: „Bei Kevin ist noch einiges an Luft nach oben“

AUF SCHALKEMARCUS BARK

Stürmer müssen ein Stück weit Egoisten sein. Kevin Kuranyi hat diese Phrase anscheinend zu seinem Karrieremotto erhoben. „Ich will nur mir zeigen, dass ich gut Fußball spielen kann. Alles andere ist mir egal“, sagte der Schalker am Samstag. Er wirkte ein bisschen trotzig. Jemand hatte ihn gerade gefragt, ob er es nun allen zeige wolle, weil Ex-Großtorjäger Gerd Müller in einem seiner geschätzten 60 Interviews zum 60. Geburtstag geringschätzig über Kuranyi sprach. Jeder dürfe seine eigene Meinung haben, verwies Grundgesetz-Kenner Kuranyi auf das verfassungsmäßig verbriefte Recht. Der deutsche Rekord-Nationaltorschütze Müller (Bayern München) hatte beispielsweise in der Süddeutschen Zeitung über den Gelsenkirchener Angreifer gesagt: „Ist nicht so mein Fall. Der ist elegant, aber ihm fehlt Temperament.“

Dem Stürmer war beim besten Willen nicht anzumerken, dass er zuvor mit zwei Treffern (2. und 64. Minute) dem FC Schalke 04 einen wichtigen 2:1-Sieg gegen Werder Bremen bescherte. Er sprach leise wie immer, zurückhaltend wie immer, unverbindlich wie immer. Kevin Kuranyi mag die Distanz zu allem, was das Fußballgeschäft außerhalb des Feldes so mit sich bringt. Er wird deshalb noch viele Tore mehr schießen müssen als die sieben, auf die er es bislang in der Bundesliga für den FC Schalke gebracht hat, um als königsblauer Star gefeiert zu werden. Vielleicht rufen die Fans dann sogar einmal seinen Namen. Das war ihm am Samstag wieder nicht vergönnt.

Die Anhänger werden es vermutlich wie Andreas Müller sehen. Schalkes Teammanager sagte: „Bei Kevin ist noch einiges an Luft nach oben.“ Die Torquote ist zwar okay, aber spielerisch liegt trotz aller durchaus auch vor der Verpflichtung schon bekannten Defizite noch einiges im Argen. Müller, der einstige Lehrling des ehemals übermächtigen Managers Rudi Assauer, der seinem Meister immer mehr den Rang des gefragten Mannes abläuft, verteilte aber auch Lob. Kuranyi mache immer wichtige Tore, und das auch noch gegen Kontrahenten mit Namen: „Es ist ein Unterschied, ob du gegen Wacker Burghausen vier Tore machst oder gegen Manchester United, Argentinien oder Brasilien.“

Kevin Kuranyi verdankt seinen Formaufschwung einer Systemumstellung. Trainer Ralf Rangnick ließ bis vor wenigen Wochen mit zwei Spitzen spielen. Inzwischen hat er auf ein System mit drei Angreifern umgestellt. Taktisch sei dieses System wesentlich leichter umzusetzen, betonten die Spieler. Kuranyi als so genannter Stoßstürmer agiert noch vor den beiden Außen, die derzeit von Levan Kobiashvili (links) und Gustavo Varela gut besetzt werden. „Ich bekomme durch das neue System mehr Torchancen“, sagte Kuranyi. Anhand seiner vorgezogenen Position, seiner Initialen und des Gegners machte der Begriff vom KK-Sturm am Samstag die Runde.

Während Bremen trotz der Auswärtsniederlage weiter mit dem deutschen Meistertitel liebäugelt, haben die Schalker den Träumereien schon lange abgeschworen. „Nach dem Erfolg von Hamburg in Leverkusen war unser Sieg enorm wichtig“, war Andreas Müller froh, dass der dritte Platz in Reichweite bleibt. Sieben Punkte aus den vergangenen drei Spielen und dazu gute Auftritte in der Champions League haben die Hoffnungen auf eine zufrieden stellende Saison genährt. Torhüter Frank Rost, am Samstag der beste Schalker, mahnt weiter zur Vorsicht: „Wir sollten uns mit Prognosen tunlichst zurückhalten.“ Zumindest eine vage Prognose wagte Rost dennoch. Als ihn ein Mitarbeiter der Schalker Homepage darauf ansprach, dass zwei Tore aus zwei Chancen ja ganz gut seien, sagte der S04-Torwächter: „Wenn wir diese Effektivität beibehalten, wird es besser.“