Business-Software statt Personal Computer: Hewlett-Packard baut um
HP will für zehn Milliarden US-Dollar die zweitgrößte britische Software-Firma übernehmen. Das Privat-Computergeschäft hingegen soll weg. Schade für Palm & Co.
BERLIN taz | Für vormals große Computerproduzenten ist das Post-PC-Zeitalter gekommen: Der weltgrößte Computer-Hersteller Hewlett-Packard (HP) macht Schluss mit dem Privatkundengeschäft im Hardwarebereich und setzt auf Software-Lösungen für Geschäftskunden. Damit tut es der Konzern IBM und Microsoft nach.
Zudem teilte HP-Chef Leo Apotheker anlässlich der Präsentation der Quartalszahlen mit, das zweitgrößte britische Softwareunternehmen, Autonomy, kaufen zu wollen. Autonomys Kernbereich ist Software, die Daten besonders gut durchsuchen und strukturieren kann. Kunden sind unter anderem Coca-Cola, Ford, BMW, die TV-Sender BBC und CNN, der Pharmakonzern GlaxoSmithKline, die "Financial Times", T-Mobile, AT &T, das britische House of Parliament sowie IT-Unternehmen wie Oracle und Philips.
10,3 Milliarden Dollar will HP für Autonomy auf den Tisch legen – und sich damit nicht nur die Software, sondern eben auch einen illustren Kundenstamm sichern. Das Rennen ist aber noch nicht gelaufen, denn: auch andere große Software-Unternehmen dürften interessiert sein. So schließt der Analyst Richard Windsor nicht aus, dass Unternehmen wie Oracle oder Microsoft noch in die Bieterschlacht mit HP eintreten werden.
5,9 Prozent Rendite zu schlecht
Der PC-Bereich, der nun abgestoßen werden soll, macht rund ein Drittel des HP-Umsatzes aus – warf aber zuletzt nur noch eine vergleichsweise geringe Rendite von 5,9 Prozent ab. Software hingegen brachte HP 19,4 Prozent, und auch Server, Dienstleistungen und Drucker warfen im abgelaufenen Geschäftsjahr mit mehr als 13 Prozent Rendite deutlich mehr ab als Hardware, also Computer und Smartphones. Nun soll dieser Bereich in eine separate Firma ausgelagert werden.
Dabei hatte HP erst im April 2010 mit dem Kauf des Handheld-Herstellers Palm für 1,2 Milliarden Dollar einen großen Coup gelandet. Nun aber stehen die Geräteserien Palm Pre, Palm Pixi – und auch das HP Touchpad vor dem Aus. Mit dem TouchPad wollte HP Apples iPad Marktanteile abjagen wollte, es ist erst weniger als zwei Monate auf dem Markt. Das Palm Pre 3 soll nun, anders als angekündigt, gar nicht mehr erscheinen.
Betriebssystem WebOS
Und auch HPs Betriebssystem WebOS, das auf den Geräten lief. Ohne Hardware mit einer entsprechend großen Verbreitung dürfte kaum jemand noch ein Interesse haben, es weiterentwickeln. So wird es WebOS wohl wie den Nokia-Betriebssytemen MeeGo und Symbian gehen – WebOS wird wahrscheinlich in einer Liebhaber-Nische verschwinden, die Betriebssystem-Vielfalt nimmt damit weiter ab.
Dass HP bei der Consumer-Hardware jetzt die Notbremse zieht, liegt nach Angaben von Finanzchefin Catherine Lesjak daran, dass das Geschäft weitere Milliarden-Investitionen erfordert hätte – ohne Garantie, das Geld jemals wiederzusehen. Mit Kunden, die sich bereits webOS-Geräte gekauft haben, will HP nun das Gespräch suchen, sagte Smid. Käufer der Geräte äußerten sich ebenso enttäuscht wie WebOS-Programmierer.
HP-Chef Léo Apotheker kam erst nach dem Palm-Kauf, nämlich im November 2010 zu HP. Zuvor war er viele Jahre Manager bei SAP. Seine Stärken sind die Bereiche Software und das Geschäft mit Unternehmen – insofern hat der Schwenk in der HP-Unternehmensstrategie durchaus eine Logik. Apotheker fehlt jedoch das Gespür für die Gestaltung und Vermarktung von Consumer-Produkten – ein Bereich, in dem Apple-Chef Steve Jobs in der Vergangenheit Akzente gesetzt hat wie kein anderer.
Leser*innenkommentare
guntherkummerlande
Gast
Nur weil dieser Mann der falsche für den Job ist,
muß doch nicht gleich ein ganzer Weltkonzern
seine Kernkompetenzen aufgeben.
Den Mann feuern und eine bessere Besetzung
finden, ist die Devise.
Es wirkt so als ob man mit Absicht
eine Flasche an die Spitze gesetzt hat,
um nachher wieder mit den normalen ManagerInnen
wieder die Daumenschrauben bei der Belegschaft
extrem anziehen zu können, die nun froh
ist ihren Job behalten zu dürfen und
wieder zu aberwitzigen Zugeständnissen bereit ist.
Warum fehlt der Schneid eine Initiative zur Abwahl
des Managers vorzunehmen.
Wegen eventueller Rachegelüste irgendwann
SAP aufzukaufen, muss doch nicht gleich
die Existenz von hunderttausenden Mitarbeitern
riskiert werden. Letzlich ist er nur so
gefährlich, wie man ihn gewähren läßt.
Er hat sicherlich die Einsparorgie der Vorgänger
und die daraus sich entwickelnde Verminderung
der Innovationsfreude nicht zu verantworten.
Aber er hätte sich in den Endkundenmarkt
für Hardware viel besser einarbeiten müssen.
Die Wachstumsgrenzen für Hardware sind
nur für innovationsfaule Unternehmen erreicht
und dieses immer noch gigantisch hohe
Absatzniveau annähernd zu halten, sollte
Herausforderung genug sein.
Maximale Profitabilität kann nicht das alleinige
Ziel sein, sondern hoher langfristiger
Gesamtumsatz, hohe Lebensqualität
der Beschäftigten, sichere Kapitalanlage für
Anleger, Technologieführerschaft im Bereich
Endkonsumercomputer.
Schickt Leo Apotheker in die Wüste.
Er hat es nicht gebracht!
Und Leo Apotheker soll doch bitte zu seinen
Benelux-Wurzeln stehen.
Dieser Mann soll unseren Ruf nicht noch weiter
versauen.
The User
Gast
Autsch, Drucker und Server sind ja wohl auch Hardware (zumindest in dem Kontext).
MeeGo hat immerhin noch eine Chance, weil Intel und ein paar Autoleute da noch drauf setzen.