Standardisiertes Debakel

Hannover 96 reichen ein paar Freistöße und Ecken, um den 1. FC Kaiserslautern mit 5:1 nach Hause zu schicken. Gästetrainer Wolfgang Wolf hat nur noch ein Ziel: Schlimmeres verhindern

„Wir hätten die Lautererheute so richtigvorführen können“

AUS HANNOVER CHRISTIAN OTTO

Schon nach dem ersten Spiel, das Wolfgang Wolf zu verantworten hatte, wackelte sein Stuhl. Als der neue Mann des 1. FC Kaiserslautern auf jenem Podium in der Arena Platz nahm, von dem aus die Trainer der Fußball-Bundesliga in Hannover ihre Sicht der Dinge erläutern, wäre er um ein Haar umgefallen. „So wackelig, wie ich hier hocke, so hat sich meine Mannschaft heute präsentiert“, sagte Wolf und meinte die 1:5-Pleite bei Hannover 96, bei der die Profis des FCK vier Tore nach Standardsituationen hinnehmen mussten.

Es reichten ein paar Ecken und Freistöße sowie ein wenig Elan der im Grunde einfallslosen 96er, um die Gäste aus der Pfalz zu demütigen. „In diesen Szenen hat meine Mannschaft versagt“, sagte Wolf. Dass ein Trainer kurz nach seiner Verpflichtung schon vom Abstieg redet, spricht für die Situation bei dem Tabellenletzten. „Wir müssen bis zur Winterpause punkten und dann personell nachlegen. Sonst reicht es nicht“, meinte der ratlose Coach. Punkte fehlen dem FCK, Hohn und Spott dagegen gibt es im Überfluss. Als Wolf sein missratenes Debüt schön zu reden versuchte, fingen die ersten Journalisten an zu dichten.

Der 48 Jahre alte Trainer kennt die Überschriften, in denen aus dem Wolf, der nicht bissig genug war, der geprügelte Hund wird oder in denen für den armen Wolf alles zum Heulen ist. Zu allem Überfluss aber begann auch sein Kollege Peter Neururer noch ein wenig Öl ins Feuer zu gießen. „Bei allem Respekt“, sagte der Mann mit dem Schnauzer, der bei seiner Rückkehr von den Fans in Hannover wie ein Messias gefeiert worden war, „die Aufstellung von Lautern habe ich nicht verstanden. Der einzige Spieler, vor dem wir in deren Offensive Respekt hatten, musste in die Defensive.“

Neururer sprach das Experiment von Wolf an, der seinen eigentlichen Spielmacher Ervin Skela in die Abwehr beordert hatte. Diese kuriose Personalie war mit schuld daran, dass die Lauterer eine äußerst eigenwillige Variante der Vierer-Abwehrkette präsentierten. Michael Tarnat (13./26.), Thomas Brdaric (62./73.) und Vahid Hashemian (83.) durften mehr oder weniger unbedrängt die Tore für 96 erzielen. „Die haben uns gar nicht richtig gedeckt“, sagte ein verdutzter Michael Tarnat, der als 36-jähriger Abwehrspieler noch einmal in die Rolle eines Torjägers schlüpfen durfte.

Es war ein trauriges Bild, das die Abwehr des FCK um den überforderten Torhüter Jürgen Macho abgab. Auch nach der frühen Auswechslung von Herve Lembi liefen die Spieler orientierungslos über den Platz. Skela selbst sprach von einem Debakel, und das war noch milde formuliert. Auf der anderen Seite ließen sich Michael Delura, der drei Treffer für Hannover vorbereitet hatte, und Neururer von der Mehrheit der 31.442 Zuschauer feiern. Der Lauterer Ehrentreffer von Boubacar Sanogo (69.) konnte die Freude über den gelungenen Einstand des neuen Trainers der Niedersachsen nicht trüben. „Der Peter Neururer hat uns das Selbstvertrauen wieder eingeredet“, sagte Tarnat. Neururer, unter dem Hannover in zwei Spielen vier Punkte verbuchen durfte, bedankte sich bei den Anhängern mit drei tiefen Verbeugungen, verzichtete aber auf eines seiner berühmten Tänzchen vor dem Fanblock.

„Wir hätten die Lauterer heute so richtig vorführen können“, meinte der Trainer über eine Gäste-Elf, die mit fünf Gegentoren noch gut bedient war.

Hannover 96: Enke - Cherundolo, Mertesacker, Zuraw, Tarnat - Balitsch, Lala, Dabrowski (67. Yankow) - Delura (62. Stajner), Hashemian, Brdaric (77. Schröter) K’lautern: Macho - Lembi (33. Bellinghausen), Skela, Pletsch, Hertzsch - Reuter, Zandi (81. Riedl), Engelhardt - Altintop, Sanogo, Mikic (60. Seitz) ZS: 31.443, Tore: 1:0, 2:0 Tarnat (13., 25.), 3:0, 4:1 Brdaric (62., 73.), 3:1 Sanogo (69.), 5:1 Hashemian (83.)