Video der Woche: Kaffeeflecken auf der weißen Weste
George Clooney hat den Ruf eines engagierten Menschfreundes. Jetzt sorgt ein Video für Aufsehen, das seinen Werbedeal mit dem Kaffeeproduzenten Nespresso anprangert.
BERLIN taz | Ein graumelierter Gentleman mit Macho-Charme schlendert den Bürgersteig entlang. Aus dem Nichts stürzt ein Piano herab, zerschellt vor seinen Füßen. Aber der vermeintliche George Clooney bleibt cool, bedenkt den Zwischenfall mit einem Million-Dollar-Lächeln und geht seiner Wege.
Bis sich über seinem Haupt ein Werbeschild mit Nespresso-Aufschrift aus der Verankerung löst. Der Quader trifft ihn hart, beraubt ihn erst seines Stehvermögens und dann seiner Männlichkeit. Aus dem Off kommentiert eine wohl göttliche Stimme: "Sorry George. So fühlt es sich an, wenn man als Kaffeepflücker ausgebeutet wird."
Der Clip nimmt einen Werbespot von 2009 aufs Korn, in dem Clooney jäh von einem fallenden Klavier aus dem Leben gerissen wird. Im Himmelreich angekommen besticht er den lieben Gott mit einem Schwung Nespresso-Kapseln und darf ins Diesseits zurückkehren.
Die Parodie ist Teil einer Kampagne der schweizer Organisation Solidar Suisse, die Nestlé vorwirft, mit seiner Kaffemarke Nespresso Pflücker in den Anbauländern auszubeuten. Tatsächlich gerät der Lebensmittelriese schon seit den Siebzigern immer wieder ins Visier von Menschenrechtlern und Umweltschützern.
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"Trotz aktueller hoher Weltmarktpreise profitieren die Kleinbauern kaum vom Boom", so Solidar Suisse. Indes ist Nestlé der größte Kaffeeproduzent der Erde. Ziel der Kampagne sei es deshalb, Clooney nach dem Motto "Entweder fair gehandelter Kaffee, oder kein George Clooney mehr in den Nespresso-Werbespots" zur Einflussnahme auf den Konzern zu bewegen.
Mehr als 22.000 Zuschriften
Auf seiner Webseite stützt Solidar Suisse die Aktion auf drei zentrale Forderungen. So sollen das gesamte Sortiment von Nespresso sowie Nestlés übrige Produklinien schleunigst auf fair gehandelte Bohnen umgestellt werden. Zudem solle der Lebensmittelriese Schluss machen mit "billigen PR-Labels, die dem Konsumenten suggerieren, dass Nestlé sich für fair gehandelten Kaffee einsetzt."
Außerdem können empörte User Clooney per Email dazu auffordern, seinen zweifelhaften Nebenjob an den Nagel zu hängen, sollten sich die Bedingungen für die Kleinbauern nicht verbessern. Mehr als 22.000 Zuschriften hat der Hollywoodstar laut Zähler schon erhalten.
Die Kampagne dürfte kaum ins Selbstbild des Strahlemanns und Uno-Botschafters passen, der nach eigenen Angaben vom Willen beseelt ist, die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Und auch Nestlé will nicht der Bösewicht sein. Auf seiner Website beruft sich der Konzern auf sein hausgemachtes AAA sustainable quality programm und postet dazu ein Video, in dem eine angebliche NGO-Mitarbeiterin Nespressos "direkten Einfluss auf das Einkommen der Bauern" preisen darf.
Fraglich bleibt, warum Nespresso stattdessen nicht auf das gängige "Fairtrade"-Label der Organisation Transfair setzt, die für ihre Unabhängikeit und Transparenz bekannt ist.
In einem Interview mit dem britischen Independent bezeichnete Clooney sein Engegement für Nespresso einst als "den gewöhnlichen Versuch, ein Auskommen zu verdienen". Gut, dass es zumindest für Clooney nicht beim bloßen Versuch bleibt.
Leser*innenkommentare
Annelies
Gast
Seit den 70er Jahren kaufe ich keine Nestlé-Produkte mehr, weil Nestlé seinerzeit - so erinnere ich mich - afrikanische Frauen ermunterte, ihre Neugeborenen nicht mehr selber zu stillen, sondern die hungrigen Neugeborenen stattdessen Nestlé-Babymilch in Nestlé-Babyflaschen zu füttern.
Ich kaufe zur Zeit Kaffee von "Dallmayr". Da steht auf der Packung drauf: "Menschen für Menschen" - Karlheinz Böhms Äthopienhilfe. Ob das stimmt, weiß ich nicht. Ich glaube es erst einmal, bis die Werbung widerlegt ist.
Die afrikanischen Staaten brauchen endlich auch einen Mindestlohn! Leider fehlt es dort an Gewerkschafts-Initiativen.
Die Afrikanische Union tut nichts für die Verbesserung der Sozialstandards auf diesem riesigen Kontinent. Wozu ist die eigentlich gegründet worden, wenn sie nichts tut?
Gegen europäische "Frontex" unternimmt die Afrikanische Union auch nichts, sondern schaut zu!
Sondermann
Gast
Wie wäre es mit folgender Satire:
Klux der Bruchpilot landet unsanft DOWN IN THE WATER. Dabei wird aus dem smarten Outsourcer ein hilflos um sein Leben paddelndes Geschöpf...
Icke
Gast
Lieber Wolfgang,
bei Ihnen ging es anscheinend auch recht schnell zu. Gruß wird immer noch mit ß geschrieben. Nur mal so als einen kleinen Hinweis.
Mit freundlichen Grüßen
Icke ;-)
Karsten
Gast
Toller Artikel!
Jan Reyberg
Gast
@ IhrName: hä?
chesterfield
Gast
Ich liebe diese Werbung und sie soll bleiben.Sucht doch nicht in jrder Kaffeebohne eine Made.Da gibt es auch andere Firmen,die gewaltig mehr Dreck am Stecken haben.
MarxLesen
Gast
Im Kapitalismus werden Menschen ausgebeutet, die Natur zerstört und Werbung verklärt das Ganze zu einer ganz tollen Sache? Mensch, da wär ich jetzt nicht drauf gekommen. Clooney sollte es besser wissen, aber bei all den Bergen von Kohle auf dem Konto, kann man schonmal ein paar Details vergessen. Genauso wie diese ganzen Kaffeesäufer vergessen, welchen Preis dieser Genuss tatsächlich hat. So könnte man eigentlich bei fast jedem Produkt nachweisen, wer bei der Produktion verliert, nur damit man einen zweifelhaften Gebrauchswert hat.
Rainer Baumann
Gast
Hallo, Wolfgang, wenn man nicht richtig schreiben kann, sollte man lieber die Klappe halten.
Gruß
vic
Gast
Nestlé Produkte zu fairen Bedingungen für Erzeuger und Arbeiterinnen?
Forget it.
Wer Nestlé Produkte kauft, muss das in Kauf nehmen- und tut es auch.
dudi
Gast
Nestle war ja schon immer sche... mit ihrem Genfood
anonym
Gast
@wolfgang
Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen:
Bei einem Bezug auf einen Vorsatz, der nicht mit "dieses" oder "welches" ersetzt werden kann, führt zu einem dass (früher: daß).
IhrName
Gast
Nestlé ein böser Konzern? Wahnsinn. Als nächstes heißt es noch dass bei Unilever, Procter & Gamble und Kraft nur Schurken die Konzerne führen!
Das Problem bei Nestlé sind übrigens nicht nur die ausgebeuteten Kleinbauern, sondern auch die etwa 12000 Kindersklaven, die Kakao in Westafrika ernten.
Außerdem ist es auch bei Fair Trade- Kaffee nicht sicher, dass keine Arbeiter ausgebeutet werden. Bei Kaffee und Kakao betrifft der faire Handel oft die Händler und nicht die, die auch tatsächlich ernten (müssen).
wolfgang
Gast
Liebe TAZler,
auch wenn's schnell gehen muss, aber DAS in einem Nebensatz schreibt man immer noch mit 1 s !
Gruss wolfgang