Kommentar Studierendenzahlen: Planlose Bildungsrepublik
Damit der Run auf die Hochschulen genutzt wird, müssen diese ausreichend finanziert werden. Bund und Länder aber hinken allen Zielen hinterher.
W enn das keine Jubelmeldung ist: Die Zahl der Studierenden wächst nun schon das fünfte Jahr in Folge. Das ist erfreulich und bestätigt den Trend zu höheren Bildungsabschlüssen. Allerdings zeigen die Zahlen des Statistischen Bundesamtes auch, dass die 2008 von der Bundeskanzlerin ausgerufene Bildungsrepublik kein Selbstläufer ist. Denn damit dieser Run auf die Hochschulen genutzt wird, müssen diese auch ausreichend finanziert werden. Genau das ist derzeit nicht der Fall.
Im Gegenteil: Die Hochschulen ächzen unter dem Bewerberansturm. Seminare werden in Kasernen verlegt, neues Lehrpersonal zum Billiglohn rekrutiert, die Zugangshürden erhöht. Zwar schlossen Bund und Länder einen milliardenschweren Hochschulpakt. Bis zum Jahr 2015 sollen 275.000 Studienanfänger mehr Studienplätze finden als zehn Jahre zuvor.
Aber dabei rechneten die Politiker nur mit mehr Bewerbern aufgrund doppelter Abiturjahrgänge. Die gewachsene Studierfreude begrüßten sie rhetorisch - praktisch spielte sie bisher keine Rolle für die Planung. Deshalb gibt es jetzt, kurz vor Beginn des neuen Wintersemesters, wieder mehr Interessenten als Plätze. Und wieder werden wohl Zehntausende Studienbewerber ohne Studienplatz dastehen.
ist Bildungsredakteurin im Inlandsressort der taz.
Das ist eine unsägliche Verschwendung von Zeit und Potenzial. Wenn sie ihre Reden von der Bildungspolitik und von der Ressource Wissen ernst nehmen, dann müssen die Politiker von Bund und Ländern auch endlich mal Ernst machen. 7 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt sollen bis 2015 in Bildung fließen. Bislang aber hängt Deutschland nicht nur den eigenen Zielen, sondern auch international hinterher. Das wird die am Dienstag erscheinende OECD-Studie "Bildung auf einen Blick" erneut bestätigen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Fans angegriffen
Gewalt in Amsterdam
+++ Nach dem Ende der Ampel +++
Habeck hat Bock
Auflösung der Ampel-Regierung
Drängel-Merz
Die Regierungskrise der Ampel
Schnelle Neuwahlen sind besser für alle
Angriffe auf israelische Fans
Sie dachten, sie führen zum Fußball
Trumps Sieg bei US-Präsidentschaftswahl
Harris, Biden, die Elite? Wer hat Schuld?