Kolumne Älter werden: Das Wichtigste im Leben ist die Liebe
Auch das Schätzchen von der (Überschriften)Redaktion weiß inzwischen, was wichtig ist.
L iebe Altersgenossinnen und -genossen der Generation 50 plus (undogmatisch) links. Bevor es hier so richtig zur Sache geht, muss ich erst einmal die Schätzchen von der Überschriftenredaktion rügen. Natürlich ist der Tod, dieser spaßige Geselle (Brassens), nicht das Wichtigste im Leben, wie fälschlicherweise über meiner letzten Kolumne zu lesen stand. Dem Text war lediglich zu entnehmen, dass der Tod wichtiger ist als die Politik, respektive die Politiker. Und wer wollte das ernsthaft bestreiten!?
Das Wichtigste im Leben ist natürlich die Liebe: All you need is love (Beatles). Ein Satz aus der frühen Hippiezeit von Lennon/McCartney, für die Ewigkeit in einen unsichtbaren Stein hineingemeißelt. Gleich danach kommt die Gesundheit, die nicht alles ist, aber ohne die (fast) alles nichts ist, wie wir von My Generation längst wissen (Ächz!). Und dann der gescheite kleine Italiener um die Ecke, den jede(r) braucht und der einem nicht mit schlechtem Wein aus nicht etikettierten Zweiliter(glas-)bomben und etwa einem wie glatt gerührte Kinderkacke aussehenden, mutmaßlich aus Mayo, Gurkeneinweichwasser, Senf und einer Glutamatwürzmischung zubereiteten Dressing für das Vitello Tonnato (21,50 Euro) in Dantes Inferno hinabstoßen will. Vom kleinen Griechen um die Ecke (Hä!) kann und soll jetzt hier an dieser wichtigen (dritten) Stelle gar nicht erst die Rede sein: Aus, aus, aus! Sonst wären wir ja auch ganz schnell wieder bei Tod und Verderben. Und davon will ja keine(r) mehr was wissen.
Huch! Jetzt ist schon der halbe Kolumnenplatz aufgebraucht! Dabei wollte ich doch eigentlich … Lassen wir das also heute sein, heben uns die avisierte aktuelle Thematik lieber für die nächste Folge der Subserie dieser Kolumne, den Angry Old Man, auf und beschäftigen uns noch einmal mit der Liebe. Natürlich: Wer liebt und zurückgeliebt wird, hat nicht nur beim Älterwerden - aber auch und gerade dann - das ganz große Los gezogen, wie ich bereits in meiner ersten Kolumne im Mai 2008 in Anlehnung an ein Zitat von Bob Dylan (Forever young) schrieb; Dirty Love und Motherly Love inklusive, während man Brotherly Love and Otherly Love doch besser vergessen sollte (alle Zitate Zappa).
KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT ist Korrespondent der taz.
Und was sagt unser Hausphilosoph - Hey, Jungredakteure! Bloß nicht zwei Effs aus den Pehas machen! - Michel de Montaigne dazu? In einem kurzen Essay mit dem Titel: Von der Liebe der Väter zu ihren Kindern! fand ich jetzt eine Passage, die eigentlich auch - knapp ein halbes Jahrtausend nach ihrer Niederschrift - für die Ewigkeit in Stein gemeißelt gehört - und zwar auf die Fassaden von Elternhäusern, Schulen und sonstigen Erziehungsanstalten: Ich verwerfe allen Zwang in der Erziehung einer weichen Seele, die man zu Ehre und Freiheit heranbilden will. Es liegt etwas Knechtisches in Strenge und Zwang; und ich glaube, was man nicht durch Vernunft und Geschicklichkeit ausrichten kann, wird durch Gewalt erst recht nicht erreicht. Das muss Liebe sein. Das ist (auch) Liebe.
Epilog: Liebe für alle, Hass für keinen (aktuelles Plakat der Muslime für den Frieden am Hamburger Hauptbahnhof).
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Alkoholpreise in Deutschland
Das Geschäft mit dem Tod
Experten kritisieren Christian Lindner
„Dieser Vorschlag ist ein ungedeckter Scheck“
Regierungskrise der Ampel
Schmeißt Lindner hin oder Scholz ihn raus?
Jüdische Wähler in den USA
Zwischen Pech und Kamala
Grundsatzpapier von Christian Lindner
Eine gefährliche Attacke
Spaniens Staatschef im Nahkampf
Ein König mit Cojones