Ein Zeichen für Verständigung in Mostar

In der einst heftig umkämpften Stadt in Bosnien und Herzegowina wird eine Statue des asiatischen Kampfsportlers Bruce Lee enthüllt. Doch die unpolitischen Absichten der Künstler erschließen sich nicht allen. Gestern wurde das Denkmal geschändet

AUS MOSTAR ERICH RATHFELDER

Einige hundert Leute katschten am Samstag dem fernöstlichen Kampfsportler Beifall. Sie waren zur Enthüllung der aus Bronze gegossenen Statue für den vor 32 Jahren verstorbenen asiatischen Filmstar Bruce Lee gekommen. Ausgerechnet in der bosnisch-herzegowinischen Stadt Mostar, wo der Krieg in den Neunzigerjahren fürchterlicher tobte als anderswo, soll das Denkmal des Kampfsportlers ein Zeichen gegen „ethnische Zerrissenheit“ und für „Verständigung setzen.

Zunächst überwog die Zerrissenheit, berichteten die Veranstalter. Denn für die Mostarer Jugendgruppe „Städtische Bewegung Mostar“ galt es nicht nur bürokratische Hindernisse zu überwinden. So durfte Lees Gesicht weder in den kroatischen noch den muslimischen Teil der Stadt blicken, sondern genau auf die unsichtbare Grenze.

Viele Bewohner Mostars verstanden die Initiative zunächst nicht. „Bei so viel Arbeitslosigkeit denken die an ein Denkmal“, sei eine der gängigen Meinungen gewesen. Doch das entmutigte die Künstler der Urban-Movement-Initiative nicht. Die Bedeutung der Gestalt Bruce Lee liege sowohl in ihrem universellen Charakter als auch in ihrer Fähigkeit, konkrete Gefühle zu erwecken, erläuterte der Künstler und Sprecher der Initiative, Nino Raspudic.

„In einer Zeit, in der Politik und ethnische Ideologien das alltägliche Leben vergiften, wollen wir zeigen, dass es auch wahre Werte gibt, die nichts mit Politik zu tun haben.“ Bruce Lee stehe nicht für „rohe Gewalt“, sondern für „Geschicklichkeit, Geschwindigkeit und den Willen zum Kampf für das Gute“.

Als Raspudic dann ansetzte, die Errichtung der Statue als einen Versuch darzustellen, „dem öffentlichen Raum wieder eine Bedeutung zu geben, und gleichzeitig den Sinn von Denkmälern und Symbolen, alten wie neuen, zu hinterfragen“, mussten so mancher Zuschauer dann doch schlucken.

Denn weit sichtbar auf einem Berg über ihnen erhebt sich drohend ein überdimensionales Kreuz als ein Denkmal nationalistischer Selbstbehauptung. „Durch die Mischung von Kunst und Massenkultur werde die allgegenwärtige Mythenbildung ironisiert“, erklärte Raspudic. Zugleich würden kleine unbedeutende Dinge des Alltagslebens aufgewertet – Dinge, die nichts mit Politik und Ideologien zu tun haben und die Menschen und Nationen zusammenbringen, statt sie zu trennen.

Einige hundert Menschen haben am Samstag den Künstler wohl dann doch ganz gut verstanden – andere hingegen nicht. Gestern wurde die Statue geschändet – vermutlich von jugendlichen Hooligans. Empört kamen dutzende Einwohner in der Park, um die Schäden zu besichtigen. Einer von Lees beiden Kampfstäbe fehlt, ebenso die Verbindungskette. „Schon wieder haben wir gezeigt, wie unzivilisiert der Balkan ist“, sagte einer der Besucher.

Das Projekt „De/construction of Monument“ findet seit 2004 in Sarajevo, Banja Luka und in Mostar statt. Projektträger ist das Sarajevo Center for Contemporary Art. Das deutsche Kulturinstitut finanzierte die Initiative.