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Friedrichhain-Kreuzberg nach der WahlPiraten ziehen in den Kampf

Die Piratenpartei will einen eigenen Stadtrat-Kandidaten. Die Linke ist verwundert. Wahlamt: Piraten haben kein Vorschlagsrecht. Gericht müsste entscheiden.

Die Piraten greifen an. Bild: Reuters

Die Piratenpartei will nicht ohne Weiteres auf einen Stadtratsposten im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg verzichten. Man werde einen eigenen Kandidaten vorschlagen, teilten die Piraten am Freitag mit. Sie gehen damit auf Konfrontationskurs zur Linkspartei, mit der zuvor über einen gemeinsamen Kandidaten verhandelt worden war. Bleibt es dabei, muss am Ende das Verwaltungsgericht entscheiden, welche der beiden Parteien den Stadtrat benennen darf.

In den Bezirksverordnetenversammlungen (BVV) werden keine klassischen Regierungen gewählt. Die insgesamt fünf Posten im Bezirksamt werden vielmehr nach Fraktionsgröße verteilt. Bei der Wahl am 18. September hatten die Piraten in Friedrichshain-Kreuzberg 14,3 Prozent der Wählerstimmen bekommen. Dafür stünden ihnen eigentlich neun der 55 BVV-Sitze zu - und das Recht, einen Stadtrat für das Bezirksamt zu benennen. Die Piraten hatten aber nur acht Kandidaten auf ihrer Liste. Drei weitere haben zudem Sitze im Abgeordnetenhaus errungen. Da sie sich zwischen dem Bezirks- und dem Landesparlament entscheiden müssen, schrumpft die Piratenfraktion in der BVV wohl auf fünf Mitglieder (taz berichtete).

Laut Bezirkswahlamt fällt damit das Vorschlagsrecht für den Stadtrat der Linksfraktion zu, die sieben Mitglieder hat. "Wir vertreten die Rechtsauffassung, dass die tatsächliche Fraktionsgröße ausschlaggebend ist", sagte am Freitag der stellvertretende Bezirkswahlamtsleiter Jan Ebert. Er beruft sich auf das Bezirksverwaltungsgesetz. Darin heißt es: "Das Bezirksamt soll aufgrund der Wahlvorschläge der Fraktionen entsprechend ihrem nach dem Höchstzahlverfahren berechneten Stärkeverhältnis in der Bezirksverordnetenversammlung gebildet werden." Die Piraten interpretieren den Satz anders. Es gehe um das anhand der Wählerstimmen berechnete Stärkeverhältnis und nicht um die tatsächliche Größe, sagte Jurist und Piratenmitglied Christian Löffelmacher. Zwar sei nicht sicher, dass man mit dieser Sichtweise durchkomme. "Aber wenn wir das nicht durchfechten, sagen die Leute in fünf Jahren, ihr habt es ja nicht mal versucht", so Löffelmacher.

"Wir sind verwundert", sagte Halina Wawzyniak, Bezirksvorsitzende der Linkspartei. Die hatte den Piraten den bisherigen Linke-Stadtrat Knut Mildner-Spindler als gemeinsamen Kandidaten vorgeschlagen.

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7 Kommentare

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  • Y
    yberg

    die frau ist für einen job in den niederungen der realität und dann auch noch in kreuzberg nicht

    geeignet.

     

    wenn ihre vita stimmt ist sie hyperqualifiziert und damit überqualifiziert

    kärnerarbeit in unserem problembezirk zu leisten.

     

    mistrauisch macht mich auch,daß die grünen bis jetzt nicht nicht auf die politischen und administrativen talente der frau aufmerksam wurden und darauf zurückgreifen.

     

    ansonsten sollte man das öffentliche gewürge nicht verabscheuen.öffentliches gewürge ist mir lieber als die unbekannte hinterzimmerdiplomatie.

     

    im übrigen würde jolly rogers niemals als prise ne stadtratsstelle annehmen,wenn schon müßte dr. schulz

    dran glauben.

     

    tja,heutzutage bleiben selbst piraten an der roten ampel stehen.

  • T
    Tino

    Mir ist noch immer nicht klar, was gegen Knut Mildner-Spindler. Geht es nicht um Sacharbeit bei den Piraten?????

  • A
    anm.

    Erste kleine Piraten-Enttäuschung.

     

    Gar nicht mal, dass die nicht einfach den von der Linken abnicken wollten. Das ist verständlich, auch die Linke müsste sich bewegen und kann nicht erwarten, dass ihr Kandidat auch der der Piraten ist. Aber die Kungelei nach dem Motto, Abrakadabra, wir ziehen nun Frau Domscheitberg aus dem Hut (und noch zwei Alibi-"Gegenkandidaten" ohne Lobby, bei den tw. nicht mal der Name bekannt ist), stößt mir auf. Eine Person, die bei McKinsey lernte und für Microsoft Lobbypolitik machte, die bei den Grünen ist (warum stellen dann die Grünen die nicht auf?!), und wo irgendwie vielen völlig unklar ist, wo die denn jetzt plötzlich herkommt, was aber in einem "hey, einfach super!"-Twitterstorm übertönt wird, als wäre es schon ausgemachte Sache. Und alle so yeah.

     

    Sorry, das ist nicht neue Politik. Und eine Open-Government-Bullshitbingo-Kanonade auf twitter ist auch noch kein anderer Politikstil. Da könnte man eher bei der eigenen Kandidatur beginnen und mal selbst leuchtendes Transparenz-Beispiel sein, statt zu sagen "die Piraten haben mich gefragt". Denn es waren ja nicht "die" Piraten, sondern wohl eher "einige", oder "drei", oder "fünf", oder "paar mit mir befreundete" Piraten, whatever.

     

    Spätestens dann, wenn es wirklich mal zu einem lokalen Konflikt zwischen den dominanten Kreuzberg-Grünen und den Piraten käme - wo wäre dann ihre Loyalität: Bei der Partei, die sie aufgestellt hat? Bei der Partei, die eigentlich ihre politische Heimat ist? Warum will sie bei den Grünen bleiben? Wo war sie im Wahlkampf?

     

    Ein parteipolitisch wirklich unabhängiger Kandidat, transparent vorgeschlagen, wäre besser gewesen als dieser Schnellschuss aus dem Hinterzimmer, der wohl auch eher der Frauenquoten-Medienkampagne geschuldet ist.

  • EA
    Enzo Aduro

    @Hanno

    Das wäre eine Möglichkeit. Aber warum sollte die Linkspartei das machen? Sie können doch einfach selber einen wählen ohne sich reinreden zu lassen. Es ist ja zu 95% klar das alle Piraten ins AGH wollen.

  • H
    Hanno

    Naja, eine Lösung könnte ja sein, sich auf eine parteilose Person zu einigen, die von beiden gut gefunden wird. Jemand aus dem Bürgerrechtsspektrum oder so, eine Person, die Sachen vertritt, die beiden Parteien wichtig sind.

  • K
    Klaus

    Avanti Avanti Dilettanti

  • EA
    Enzo Aduro

    Die PP muss sich entscheiden. Die Linke ist nicht so nett und schenkt denen den Sitz. Auch wenn die PP die entsprechenden Stimmen bekommen hat. Die Linke wird das ausnutzen das die PP eine so kurze Liste hat, naiv das die PP die Linke für so nett einstufte das die hier so überfair wäre. Die Linke ist nicht lieb!