Klimakonferenz soll Kioto weiterentwickeln

Ab heute beraten Experten in Montreal über Verbesserungen beim Klimaschutz. Aber wie funktioniert der praktisch?

BERLIN taz ■ Vor der heute beginnenden Weltklimakonferenz in Montreal haben sich Klimaexperten und Umweltschützer gestern gegenseitig Mut gemacht. „Dieses Treffen wird eine Anzahl substanzieller Ergebnisse bringen“, sagte Richard Kinley, Chef des UN-Klimasekretariats in Bonn. Regine Günther vom WWF Deutschland erklärte, sie erhoffe sich „ein klares Signal für die Zeit nach dem Auslaufen der Kioto-Verpflichtungen“.

Dabei sieht es dafür auf den ersten Blick gar nicht so gut aus. Die letzte Bestandsaufnahme des Klimasekretariats der Vereinten Nationen in Bonn ergab, dass die Emissionen weltweit weiter rasant ansteigen. Auch eine Reihe von Mitgliedern der Europäischen Union erfüllt ihre Verpflichtungen nicht – allen voran Spanien, das 2003 42 Prozent mehr Klimagas in die Atmosphäre blies als 1990.

„Wir können es noch schaffen“, sagt John Hay, Sprecher des Klimasekretariats, jedoch. Die Umsetzung des Kioto-Protokolls sei noch nicht richtig angelaufen. Wichtige Instrumente würden erst in Montreal beraten– etwa der Artikel 19, der eine Art Klima-Gerichtshof vorsieht. Das ist kein Versäumnis, sondern liegt im Plan. In Artikel 18 heißt es: „Wirksame Verfahren und Mechanismen zur Behandlung von Fällen der Nichteinhaltung des Protokolls werden von der ersten Konferenz nach In-Kraft-Treten des Protokolls beschlossen.“

Das Protokoll sieht eine Abstufung der Strafen nach „Ursache, Art, Grad und Häufigkeit“ von Vertragsverletzungen vor. Im Prinzip soll den Staaten, die ihre Verpflichtungen bis 2012 nicht erfüllen, in der zweiten Vertragsperiode bis 2017 ein 1,3-faches Reduktionsziel verordnet werden. Experten fürchten jedoch, dass der zu beschließende Bußgeldkatalog nicht greift: Ein verurteilter Staat kann aus dem Kioto-Protokoll aussteigen – wenn auch erst in drei Jahren.

Damit es gar nicht erst so weit kommt, zeigt das Protokoll den Staaten Wege auf, ihren Reduzierungszielen näher zu kommen. Dazu gehören der Emissionshandel zwischen den Industriestaaten, gemeinsame Klimaschutzprojekte, die auch Joint Implementations heißen, sowie eine klimafreundliche Entwicklungspolitik, der Clean Development Mechanism (CDM).

Der internationale Emissionshandel soll spätestens 2008 los gehen: Pro Tonne Kohlendioxid gibt es ein Zertifikat. Wer mehr spart als vorgeschrieben, kann dieses an ein Land verkaufen, das nicht so viel spart, wie es soll.

Verzahnt ist dies mit Joint Implementations: Wenn etwa die Niederlande in Litauen einen Windpark finanzieren, wird dort der Ausstoß reduziert. Litauen käme seinem Ziel so um jede Menge Reduktionseinheiten näher – und die Niederlande dürften sich diese gutschreiben.

Bei der klimafreundlichen Entwicklungspolitik sieht es so aus: Baut ein deutscher Energiekonzern ein modernes Kraftwerk in Burundi, kann er über CDM zusätzlichen Gewinn erzielen. Was klimafreundliche Entwicklungspolitik ist, bestimmt und überwacht ein Ethikrat beim Klimasekretariat. Ausgeschlossen sind neue Atomkraftwerke.

NICK REIMER

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